Fast jedes fünfte Kind in Nürnberg lebt in Armut

8.4.2019, 06:00 Uhr
Annähernd jedes fünfte Kind in Nürnberg lebt laut dem aktuellen Familienbericht der Stadt von Hartz IV.

© Christian Charisius/dpa Annähernd jedes fünfte Kind in Nürnberg lebt laut dem aktuellen Familienbericht der Stadt von Hartz IV.

Armut bedeutet aber nicht nur den Mangel an Geld. Sie zeigt sich auch an beengtem Wohnraum und schlechteren Vierteln. Arme Kinder bleiben häufiger sitzen und haben wenig Chancen, Talente entfalten zu können. Obwohl in Nürnberg immerhin 67 Prozent der Berechtigten Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nutzen. Die jüngste Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) belegt aber auch, dass Kinder aus sozial schwachen Familien in schlechterer gesundheitlicher Verfassung sind. 2006 hatte die Stadtmission ihr Projekt "Chancen für junge Menschen" aufgelegt. Es bietet Orte, Förderprogramme, aber auch die Möglichkeit, etwas Sinnvolles in der Freizeit zu unternehmen.


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3600 Kinder hat die Stadtmission auf diese Weise in den vergangenen Jahren aufgefangen und begleitet. Ob nun Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen in der Spiel- und Lernstube Lobsinger in St. Johannis, bei Leseprojekten, Musikgruppen oder dem gemeinsamen Kochen. Allein 166 Kinder und Jugendliche nutzen derzeit Schulförderkurse.

"Eine Schullaufbahn in Deutschland ist extrem aufwendig"

Zu ihnen gehört auch die 15-jährige Maria (Name geändert). Sie lebt mit ihrer Mutter, deren Freund und der vierjährigen Schwester in einer kleinen Wohnung in Langwasser. Sie besucht einmal pro Woche einen der Kurse. Drei Stunden bekommt sie dann Hilfe bei Mathe, Deutsch und Englisch. Ihre Mutter bringt sich und die Kinder zwar gerade so über die Runden, muss dafür aber eben zwei Jobs schultern. Viel Zeit bleibt da nicht für die Kinder. Also holt Maria oft ihre kleine Schwester vom Kindergarten ab und muss sehen, wie sie mit der Schule klarkommt. Maria kannte es lange nicht anders."Eine Schullaufbahn in Deutschland ist extrem aufwendig", sagt Alexandra Frittrang, die das "Chancen"-Projekt leitet. Die Betroffenen bräuchten aber auch in vielen anderen Lebenslagen jemanden, der sie begleitet — ob es nun um einen Kita-Platz geht oder darum, wenn das Konto gepfändet wurde. Dass sich Marias Mutter selbst um den Förderunterricht gekümmert hat, sei ein Ausnahme, so Alexandra Frittrang.


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Denn viele Familien seien mit der Lebenssituation zu sehr belastet. Marias Förderunterricht trägt längst Früchte. "Mein letztes Zeugnis war richtig gut", sagt sie. Ihr Traum vom "Quali" ist somit in greifbarer Nähe und damit auch ihr Berufswunsch: Sie möchte eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik machen. Einen Ausbildungsplatz hat sie bereits. Beim Chance-Team ist man stolz, dass mancher Schützling auch den Sprung auf die Realschule oder sogar aufs Gymnasium schafft. Talent und Geist sind nun mal keine Frage des Geldes, aber ohne Förderung verkümmert beides.

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