Geteilte Freude: Väter dürfen trotz Corona bei Geburt dabei sein

1.5.2020, 05:55 Uhr

Die obligatorischen Info-Abende für Schwangere sind abgesagt, viele werdende Eltern machen sich Sorgen. Darf der Vater bei der Entbindung dabei sein? Wie steht es um die Infektionsgefahr? Routiniert arbeitet der Arzt vor der Kamera die Themen ab. "Auf jeden Fall" dürfe der Vater mit, "auch in den Stunden davor".

 

 

Doch auch wenn Dr. Löhberg wie auch die Mediziner des Klinikums und der Klinik Hallerwiese beruhigen – die Nebenwirkungen des Virus bescheren den freien Hebammen und dem Nürnberger Geburtshaus Weißes Haus eine gestiegene Nachfrage nach Hausgeburten. Stefanie S. gehört zu den Frauen, die daheim entbinden wollten. "Ich wollte das Infektionsrisiko so gering wie möglich halten", sagt die 32-jährige. Das habe für eine Hausgeburt gesprochen.

Allein auf der Wöchnerinnenstation

Doch es kam anders, wegen unerwarteter Komplikationen kam ihr Sohn im Südklinikum zur Welt. Ihr Mann durfte dabei sein, doch 24 Stunden vorher, während die Geburt eingeleitet wurde, war sie auf sich gestellt. Stefanie S. sagt: "Da hätte ich jemanden gebraucht. Doch keiner hatte Zeit Händchen zu halten oder mit mir zu atmen." Dem Klinkum will sie deshalb keine Vorwürfe machen. Dort habe man getan, was man konnte. Dass sie danach drei Tage ohne Besuch auf der Wöchnerinnenstation alleine war, sei "nicht schön" gewesen. Wegen der Pandemie gilt in Krankenhäusern ein Besuchsverbot.

Dass Schwangere verunsichert sind, kann Hebamme Andrea Friedel vom Weißen Haus in der Nordstadt gut verstehen. Dass Väter erst bei starken Wehen mit in den Kreißsaal dürfen, habe sie mehrfach gehört. Doch "von jetzt auf gleich" eine Hausgeburt anzupeilen, sei nicht möglich. Das brauche mindestens drei Wochen Vorlauf, erklärt Fridel, die seit 28 Jahren Hebamme und gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Rathaus ist.


Kommentar: Allein entbinden ist keine Option


Zwischen acht und zehn Geburten betreut das Weiße Haus im Monat. Aktuell sei die Nachfrage nach Hausgeburten leicht gestiegen, den Sommer über sind die Hebammen längst ausgebucht, obwohl im Geburtshaus selbst derzeit wegen Corona keine ambulanten Entbindungen angeboten werden, bei denen die Frauen nach wenigen Stunden wieder nach Hause gehen.

Nachdem die Geburtsabteilungen der Kliniken in Ansbach und Forchheim wegen Corona-Verdachtsfällen zeitweise geschlossen werden mussten, kann Andrea Friedel die erhöhte Vorsicht der Krankenhäuser aber sehr gut verstehen. Bei den Vorsorgeuntersuchungen dürften Väter oder andere Begleitpersonen nicht dabei sein, bestätigt auch Barbara Lager, Sprecherin des Klinikums. Doch wenn sie einen Fragebogen über eine mögliche Ansteckung ausgefüllt hätten, seien sie im Kreißsaal willkommen.


Corona-FAQ: Die Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Virus


"Schön während der Eröffnungsphase" dürfe der Vater der Schwangeren beistehen, betont Anja Müller vom St. Theresienkrankenhaus. Doch auf der Wöchnerinnenstation ist Besuch tabu. Laut Müller können dem manche sogar Postives abgewinnen: "Die Frauen genießen die Ruhe, sie sind zwei, drei Tage wie in einem Kokon, haben viel Zeit, das Stillen zu lernen." Auch wenn sich Ärzte wie Dr. Christian Löhberg per Video alle Mühe geben: Dass jede Live-Geburtsvorbereitung wegfällt, ist bitter. Anja Müller tröstet so: "Die Geburt ist ein natürlicher Vorgang. Das klappt auch ohne Kurs." 900 Babys kommen im Jahr im Theresienkrankenhaus auf die Welt.

3300 sind es in der Klinik Hallerwiese, wo Chefarzt Prof. Franz Kainer nicht das Gefühl hat, dass die Hausgeburt boomt. Die Covid-19-Gefahr sei in der Klinik "geringer als bei jedem Einkauf bei Rewe", sagt der Mediziner. In seinem Haus dürfen Väter "im Einzelfall" nach der Geburt kurz mit ins Familienzimmer. Eine Stunde Besuch am Tag sei möglich. Gut zehn Prozent mehr Anfragen nach Hausgeburten registriert Nathalie Kost von der Hebammenpraxis Gugelrund in der Südstadt; viele habe man aus Kapazitätsgründen ablehnen müssen. Kost hat von Müttern erfahren, dass Väter "erst auf den letzten Drücker" in den Kreißsaal gelassen wurden. Auch ambulante Klinikgeburten seien seit Corona verstärkt ein Thema.

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