Greenpeace macht Nürnberger Lidl zu Schweinestall

24.1.2018, 18:05 Uhr
Greenpeace macht Nürnberger Lidl zu Schweinestall

© Foto: Horst Linke

Die Sauerei dauert keine drei Minuten. Schon grunzt und quiekt es direkt vor der Lidl-Filiale in der Cuxhavener Straße in Thon. Von der mehrere Meter breiten Glasfront des Supermarktes glotzen die Kunden nun Dutzende Schweine, die in einen Stall eng nebeneinandergepackt sind, von einer riesigen Fotoleinwand an.

"Lidl lässt Schweine leiden", steht auf Zetteln, die junge Leute in grünen Greenpeace-Jacken nun an Rentner und junge Mütter austeilen. Eine ältere Dame nimmt den Flyer dankbar an: "Keine Sorge wegen mir, ich esse eh gar kein Fleisch."

Greenpeace macht Nürnberger Lidl zu Schweinestall

© Horst Linke

Doch viele tun es — und greifen zum Beispiel zur Lidl-Eigenmarke "Landjunker". Denn: "Mit einem freilaufenden Schwein oder Huhn und der Aufmachung wird einem vermittelt, dass es sich um Tiere aus artgerechter Haltung handelt", findet Jennifer Schetter von Greenpeace aus Nürnberg. Ein von der Aktivistengruppe in Auftrag gegebenes Gutachten zweifelt das jedoch an: "Wir gehen davon aus, dass das Fleisch aus der Massentierhaltung stammt, wo auch nur die gesetzlichen Mindestanforderungen eingehalten werden", sagt Schetter.

"Dort hat Lidl andere Standards"

Freilich treffe das nicht nur auf diesen Discounter zu, sagt Aktivist Helmut Straßer — und zählt Aldi und Co. auf. Dennoch hat sich Greenpeace bewusst Lidl ausgesucht. Aus zwei Gründen: Lidl ist Teil der Initiative Tierwohl, die sich für eine tiergerechtere und nachhaltigere Fleischerzeugung einsetzt — und bewirbt damit auch seine Produkte. Nur, schränkt Straßer ein, sind die Tierwohl-Richtlinien recht fade. "Schweine, die in der Massentierhaltung 0,5 bis 1 Quadratmeter pro Tier Raum haben, bekommen nur zehn Prozent mehr Platz. Was immer noch nicht artgerecht ist." Zudem gehören nur elf Prozent der entsprechenden Lidl-Produkte zur Initiative.

Außerdem: Bei Lidl geht es auch anders — wie das Beispiel Dänemark zeigt. "Dort hat Lidl andere Standards, in 100 Filialen wird Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren angeboten", zählt Straßer auf, "die Schweine haben mehr Auslauf und ihre Schwänze werden auch nicht kupiert." Warum das in Deutschland nicht geht, wollen die Greenpeace-Mitarbeiter wissen. Die Antwort bleibt Lidl bislang Abend allerdings schuldig.

Wenn, dann "was Gutes"

Die Aktivisten wünschen sich, dass der Discounter mehr Verantwortung übernimmt, nur Fleisch aus tiergerechter Produktion anbietet, alle Produkte deutlich kennzeichnet — und vor allem Billigfleisch-Angebote stoppt.

Dem können auch die meisten Kunden viel abgewinnen. Eine junge Mutter findet die Greenpeace-Aktion gut, weil ihr Sohn kein Fleisch mag, wird bei ihr zu Hause aber eh nur vegetarisch gekocht. Nicht so beim 89-Jährigen, der aber, wenn er zu Schwein und Huhn greift, "was Gutes mag". Eine Kennzeichnung, "dass man weiß, was man isst", fände er gut. Aber einfach muss sie sein — und nicht verwirrend.

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