Die Pianistin ist Gast in der Vesperkirche

Hilde Pohl:

Alexander Jungkunz

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2.2.2023, 09:29 Uhr

Liebe Hilde, wir kennen uns seit langem - daher das "Du": Wir treffen uns zum Talk in einer Kirche. Wie ist Dein Verhältnis zur Kirche?

Wenn du mich so fragst, denk ich an „Kirche“ als Ort. Und so richtig vertraut wurde mir der "Ort Kirche“, als ich anfing, Kirchenorgel zu spielen. Im Sommer hat es Spaß gemacht, in die kühle Kirche zu gehen, um zu üben. Unsere nach dem Krieg neu erbaute katholische Kirche in einem Stuttgarter Vorort hatte eine sehr gut sortierte Orgel. Und ich hatte große Lust, dieses Instrument zu bedienen. Klavier spielte ich schon lange, und es fiel mir leicht, auch die Füße zu spielen. Aber im Winter: was habe ich gefroren an den kalten Tasten! Es gab eine kleine Unterbankheizung, ansonsten war es eisig. Und ich spielte schnell alles durch, um wieder rauszukommen. Ich habe in meinem Leben in so vielen Kirchen schon georgelt - und immer so eine Art „Heimat“ Gefühl dann gehabt. Weil die Musik in einer Kirche immer so mächtig und ergreifend ist.

Musik ist immer mit Emotion verbunden – wie sehr prägt sie Dein Leben als professionelle Musikerin? Gibt es da überhaupt Musik- und Emotions-Pausen?

Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich Musik zwar mit den Händen spiele, aber mit dem ganzen Körper empfinde. Also Emotion ja, aber, je länger man spielt, desto besser steuerbar. Aber klar sind Musiker meistens emotionale Menschen. Das ist beim Spielen ja das, was beim Publikum auch in den Herzen ankommt. Technik, also das Handwerk, ist die Voraussetzung, aber die Gefühle, die durch die Musik ja immer erweckt werden sollen und müssen, sind die Leidenschaft des Musikers, die übertragen wird. Musikpausen sind nur außen, in mir singt immer irgendeine Melodie herum, ich höre was und es verfolgt mich.Das ist oft anstrengend, weil ich da immer, echt immer, mitdenke: was passiert da harmonisch etc….Manchmal denke ich: Mein Kopf ist voller Melodien, Rhythmen, Gefühle,- passt da sonst noch was rein?

Da wurden Dein Hobby und Deine Leidenschaft zum Beruf – eigentlich wunderbar. Ist es dann eine Belastung, wenn man deshalb, wie Du sagst, immer an oder in Musik denkt?

Ich bin einfach dankbar, dass ich mich jeden Tag mit Musik beschäftigen kann, jeden Tag dazulerne, jeden Tag diese schwarz-weißen Tastaturen vor mir habe: ein eigener Kosmos mit absolut unbegrenzten Möglichkeiten. Ich darf kreativ sein, und meine Freude ist ungebrochen. Ein Leben ohne Musik? Undenkbar. Das Einzige, an das man nicht denkt, wenn man Musiker wird: Mehr als zwei Wochen ohne Instrument geht nicht. Die Finger müssen immer geschmeidig und in Bewegung gehalten werden. Wer rastet, der rostet. Aber das ist ja eher positiv: So hält Musik machen den Körper jung! Na, und den Kopf erst recht!

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