Gespräch mit Abgeordneten

Kampf gegen Bürokratie und Fachkräftemangel: So will Schwabach die Zukunft der Pflege sichern

9.2.2023, 11:00 Uhr
Saßen im Goldenen Saal lange zusammen (von links): MdB Sascha Mülller, MdB Kristine Lütke, Bernd Spachmüller (GRÜNE Schwabach), MdB Michael Frieser, Sandra Ammon-Lämmermann, Frieder Parche, Ivo Hoch, Doris Weigand, Knut Engelbrecht, Florian Karl vom Pflegestützpunkt Schwabach, Sabrina Lublinski (Ambulante Intensivpflege Bayern), Christian Busch, Ursula Markus.

© Stadt Schwabach Saßen im Goldenen Saal lange zusammen (von links): MdB Sascha Mülller, MdB Kristine Lütke, Bernd Spachmüller (GRÜNE Schwabach), MdB Michael Frieser, Sandra Ammon-Lämmermann, Frieder Parche, Ivo Hoch, Doris Weigand, Knut Engelbrecht, Florian Karl vom Pflegestützpunkt Schwabach, Sabrina Lublinski (Ambulante Intensivpflege Bayern), Christian Busch, Ursula Markus.

Zu einem Fachgespräch "Pflegerische Versorgung sicherstellen" hatte der Arbeitskreis Senioren, Pflege und Menschen mit Behinderung in Schwabach vor Kurzem lokale Mitglieder des Bundestags eingeladen. Der Arbeitskreis hatte sich zu Beginn der Corona-Pandemie gegründet. Ihm gehören alle gemeinnützigen und privatgewerblichen Träger und Leistungserbringer im Pflegebereich in Schwabach an.

Die Federführung im Arbeitskreis hat die Stadtverwaltung. Zentrales Thema des Treffens war die zunehmend schwierige Situation bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden im Pflegebereich. Eingeladen zu dem Gespräch hatte der Arbeitskreis die lokalen Vertreterinnen und Vertretern im Bundestag. Kristine Lütke (FDP), Michael Frieser (CSU) und Sascha Müller (Bündnis 90/Grüne) kamen zum Fachgespräch ins Schwabacher Rathaus.

Mehr Pflegende, weniger Pfleger in Schwabach

"Der Stadt ist es ein Herzensanliegen, die bestmögliche Versorgung der Schwabacher Bevölkerung mit angepassten Pflegeangeboten sicherzustellen", betonte Stadtrechtsrat Knut Engelbrecht. "In einer älter werdenden Stadtgesellschaft wächst der Bedarf nach Pflege. Gleichzeitig gibt es aber immer weniger Pflegende." Die lokalen Handlungsmöglichkeiten seien aber begrenzt. Deshalb habe die Stadt das Fachgespräch organisiert.

Mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis machten die Vertretenden der verschiedenen Träger und Florian Karl vom Pflegestützpunkt Schwabach anschließend den Handlungsbedarf deutlich. Im Zentrum der Ausführungen stand die rapide wachsende Nachfrage nach professionellen Versorgungsangeboten.

Frieder Parche, Bereichsleiter Altenhilfe der Diakonie Roth Schwabach, warnte eindringlich und hatte Zahlen aus seinem Verband parat: "In den nächsten zehn Jahren wird ein Drittel der aktuell beschäftigten Mitarbeitenden in Rente sein. Hinzu kommen noch alle, die den Beruf vorzeitig verlassen oder beenden. Wenn wir dies zukünftig nicht wettmachen können, werden wir im ambulanten Bereich etwa 100 pflegebedürftige Menschen und in unseren Heimen 40 Bewohner weniger versorgen können."

Pflegebedürftige auf sich gestellt

Von vergleichbaren Entwicklungen berichteten alle Träger von stationären und ambulanten Diensten. "Den Angehörigen absagen zu müssen, weil es keine Versorgungsmöglichkeit gibt, fällt schwer. Umso mehr, als die Angehörigen dann absehbar mit ihren Pflegebedürftigen auf sich allein gestellt sind", so Sandra Ammon-Lämmermann, Fachbereichsleitung der Familien- und Altenhilfe Schwabach.

Personal- und Fachkräfte-Gewinnung aus dem Ausland ist ein vieldiskutierter Lösungsansatz, den auch Ivo Hoch, Einrichtungsleiter bei der Arbeiterwohlfahrt Schwabach, als "absolut notwendig" ansieht. Hier sei die Bundespolitik besonders gefordert, so Hoch. "In der Pflege spielt das Thema sprachliche Verständigung eine wesentliche Rolle. Hier und bei der Integration der Mitarbeitenden brauchen die Leistungserbringer finanzielle Unterstützung des Staates."

An dieser Stelle hakte auch der Vertreter der Lebenshilfe, Christian Busch, für den Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung ein: "Auch unser Bereich kämpft mit der Problematik. Die Bürokratie verhindert oft praktische Lösungen." Erst kürzlich habe er eine dringend benötigte Mitarbeiterin nicht einstellen können, da sie keine Arbeitserlaubnis erhalten habe. Dies obwohl sie vorher mehrere Jahre über eine ausländische Firma in Deutschland in der Pflege tätig war und zusätzlich Sprachkenntnisse nachweisen konnte. "Hier fehlen den Einrichtungen dann konkrete Ansprechpartner und pragmatische Lösungen", so Busch.

Einen Einblick in die Herausforderungen für Pflegepersonal und Leitungskräfte gewährte Ursula Markus, Einrichtungsleiterin bei der Caritas Schwabach: "Mitarbeitende haben auch einen Anspruch an die Qualität ihrer Pflege. Wenn dieser nicht mehr erfüllt wird, geht berufliche Identifikation verloren. Beschäftigte suchen sich dann eine andere Betätigung."

Zum Abschluss des Fachgesprächs waren sich alle Teilnehmenden einig, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, die pflegerische Versorgung sicherzustellen. Die Politik müsse handeln und die Weichen für eine verlässliche und würdige Pflege stellen. Dazu Doris Weigand, Sachgebietsleitung Seniorenarbeit der Stadt und Moderatorin des Gesprächs: "Wir haben in der Pflege kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem".

Die drei Mitglieder des Bundestages verfolgten die Diskussion aufmerksam und interessiert. Zum Abschluss signalisierten sie großes Interesse an einer Fortsetzung der Gesprächsrunde. Zusätzlich plant der Arbeitskreis, die Gesprächsrunde mit Vertretern der Landespolitik zu wiederholen.

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