Mein Tee soll nur nach Tee schmecken – Kampf dem Kalk!

2.6.2009, 00:00 Uhr
Mein Tee soll nur nach Tee schmecken – Kampf dem Kalk!

© Joswig

Komisch nur, dass ich mit dem Entkalken kaum hinterherkomme: Waschmaschine, Kaffeemaschine, Duschkopf, Wasserhähne, Wasserkocher, Wasserkessel. Da nützt es auch nichts, wenn offizielle Wasseranalysen verkünden, dass das Nürnberger Trinkwasser überwiegend im mittleren Härtebereich liegt, und lediglich im Norden der Stadt – dummerweise da, wo ich wohne – die Werte mit einer durchschnittlichen Gesamthärte von 2,61 Millimol Calciumcarbonat pro Liter die Grenze zum harten Bereich knapp überschritten werden. Ich lebe seit jeher im Dauerkampf mit dicken Kalkrändern und –schichten. Was man dagegen tun kann? Den wassertechnischen Elektrofuhrpark einmal im Jahr komplett erneuern, das wäre eine Möglichkeit. Zumindest für die, die zu viel Geld haben. Die andere Möglichkeit wäre, dem Kalk den Krieg zu erklären. Doch dann müsste ich mit schlechten Waffen in die Schlacht ziehen: mit handelsüblichen, meist recht wirkungslosen Reinigungsmitteln.

Die Ratschläge dazu sind so vielfältig wie die Ablagerungen an den Wänden meines Wasserkochers. Zauberwort Zitronensäure: Schon im 9. Jahrhundert soll sie der arabische Alchemist Dschabir ibn Hayyan entdeckt haben. In Europa isolierte sie der schwedische Chemiker Carl Wilhelm Scheele zum ersten Mal aus dem Saft der Zitrusfrucht. Zitronensäure kommt aber auch in unterschiedlich großen Mengen in Pilzen, Nadelgehölzen und Milch vor. Gibt man entsprechend viel davon in einen verkalkten Wasserkocher, sollen sich alle unschönen Beläge lösen. Warum auch immer – bei mir nicht!

Auch mit Essig und Essigessenz habe ich schon mein Glück versucht. Das Versuchsobjekt – ein wunderschöner Designer-Wasserkessel von «Rösle» im teuren Retro-Look – hat die Reinigungsprozedur nicht überlebt. Da es Hochsommer war, vertrieb der einfache Haushaltsessig wohl mit seinem durchdringenden Geruch auf Tage hinaus sämtliche Stechmücken. Was er nicht vertrieb, das war der Kalk.

Mit reiner Essigessenz war der Effekt dieses Verfahrens (über Nacht den Kessel mit dem Konzentrat einweichen und die Brühe am nächsten Morgen mit Wasser aufkochen) durchschlagend: Nicht nur die Insekten flogen fort, auch ich flüchtete mit meinen Meerschweinchen einen Tag lang zu meiner Tochter. Der beißend saure Gestank machte jedes Atemholen unmöglich.

Als ich meine Wohnung wieder in Besitz nehmen konnte, gehörte nicht nur die üble Duftwolke der Vergangenheit an, sondern auch die Zeit des Wasserkochens im Klassiker- Kessel: Die Essigessenz hatte nämlich seine Chrom-Beschichtung zerfressen und darunter das blanke Kupfer (giftig wegen des Grünspans) zum Vorschein kommen lassen.

An eine im Internet empfohlene Methode, meinen metallenen Kocher mit Wasser zu füllen und dann eine Elektrode hineinzuhängen, wagte ich mich lieber gar nicht erst ran. Zu suspekt erschien mir die Anweisung, zusätzlich «noch 24 Volt draufzugeben». Wie man das wohl macht? Vielleicht hätte ich noch einmal «The Green Mile» mit Tom Hanks anschauen sollen, im Hinblick darauf, wie er den elektrischen Stuhl für die Delinquenten vorbereitete. Immerhin riet der findige Forumsteilnehmer mit dem tiefsinnigen Pseudonym «Chemie Junior» davon ab, «das Netzgerät kurzzuschließen, wenn die Elektrode den Kessel berührt». Schlaumeier, darauf wäre ich auch gekommen!

Wenn ich ehrlich bin, ist auch heute noch das Wasser in meinem Kocher nicht restlos vom Kalk befreit. Aber ich habe einen Weg gefunden, mit dem zumindest mein schlechtes ökologisches Gewissen angesichts der chemischen Keulen, die bislang zum Einsatz kamen, endlich Ruhe gibt: Aufgewirbelt vom kochend heißen Wasser schlägt neuerdings ein kleiner Marmorwürfel mit hellem Klang die hartnäckigeren Kalkschichten von Wänden und Boden des Wasserkochers ab.

Und die ebenfalls darin herumwirbelnde «Kalkhexe», das ist ein rund zwei Zentimeter langes, zum Knäuel gerolltes Geflecht aus rostfreiem Edelstahl, fängt die Mehrzahl der kalkigen Schwebepartikel im Innern des Behälters ein. Diese beiden Artikel sind für nur wenige Euro in jedem guten Haushaltswarengeschäft zu haben.

Was die «Kalkhexe» betrifft: Ungefähr drei Wochen nach dem ersten Einsatz ist das silbern glänzende Geflecht ganz mit Kalk überzogen und erinnert an einen der verdorrten Dornbüsche, die in alten Western mit John Wayne immer durch die Prärie fegen. Ob der seinen Wassertopf, den er am Lagerfeuer zum Einsatz brachte, auch mit einer Kalkhexe gereinigt hätte, weiß ich nicht.

Ab und zu muss auch ich noch zu Zitronensäure, Essigflasche und Co. greifen. Aber in deutlich längeren Abständen. Und wenn ich die Drahtrolle unter fließendem Wasser ausgespült habe, bin ich froh, dass ich beim Teetrinken nicht mehr auf abgelöste Kalkstückchen beißen muss. Aber ich bin ja auch nicht John Wayne, sondern nur ein Zivilisations-Weichei.

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