Architektenwettbewerb soll es richten

Nach Ärger über beabsichtigten Umbau der Nürnberger Lorenzkirche: Hier sind die neuen Pläne

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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23.2.2022, 16:09 Uhr
Nach Ärger über beabsichtigten Umbau der Nürnberger Lorenzkirche: Hier sind die neuen Pläne

© Michael Matejka/VNP

Es war ein Paukenschlag im Advent 2020, als das große Umbauprojekt vorgestellt wurde: Ein 24 Meter langes, elf Meter hohes und elf Meter tiefes Bauwerk sollte im Westteil des Gotteshauses eingepasst werden. Ein Drittel des gotischen Gebäudes wäre davon betroffen gewesen. Die Baukosten wurden mit sechs Millionen Euro beziffert.

Nach massiven Protesten gegen das Vorhaben zogen die kirchlichen Verantwortlichen die Pläne zurück. In den vergangenen Monaten diskutierten Hauptamtliche und Kirchenvorstand intensiv, welche Maßnahmen unbedingt nötig sind. Sie formulierten - unter Einbeziehung eines Fachbeirats - ein deutlich abgespecktes Programm, das für etwa 1,5 Millionen Euro realisiert werden soll.

Zwingend notwendiger Brandschutz

Es geht um die Erneuerung der Technikzentrale, der Mesnerstube und den zwingend notwendigen Brandschutz, auch soll der "Welcomer-Bereich" nicht wie jetzt ansatzlos am Eingang stehen. Weiter ist an einen Shop für Kirchenführer, Bücher und Andenken gedacht. Die voluminösen Stauräume für Podeste und Stühle sowie ein Bereich für Ehrenamtliche werden dagegen wohl ins Lorenzer Pfarrhaus verlagert.

Nach Ärger über beabsichtigten Umbau der Nürnberger Lorenzkirche: Hier sind die neuen Pläne

© imago images/imagebroker

Im Gegensatz zum ersten Anlauf lobt der Bauherr diesmal einen geschlossenen Architekten-Wettbewerb aus. Der Nürnberger TH-Professor Michael Stößlein soll geeignete Büros finden, die entsprechende Erfahrungen mit historischen Gebäuden haben. Aus Respekt gegenüber dem Bestand müsse man Planung und Bau "transparent und angemessen wertig" durchführen. Dabei sei hohe Sensibilität gefragt. Auch um das Preisgericht will sich Stößlein kümmern.

Kein Zeitdruck

Bis September 2022 sollen die Architekten benannt werden, ein Jahr später könnte der Umbau beginnen - falls nicht archäologische Funde den vorläufigen Zeitplan über den Haufen werfen. Die ursprüngliche Absicht, zum evangelischen Kirchentag 2023 fertig zu ein, haben die Bauherrn fallen lassen und so den Zeitdruck genommen.

Nach eingehenden Diskussionen verzichten Kirchenvorstand und Geistliche auf die ursprünglich beabsichtigte Öffnung des Westportals. Das Verhindern des Staub- und Schmutzeintrags sowie die gleichmäßige Temperierung des Raums - wichtig für die bedeutenden Kunstwerke - wäre nur schwer und kostspielig zu bewältigen gewesen.

Für die Lorenzer Pfarrerin Claudia Voigt-Grabenstein soll auch der deutlich reduzierte Umbau das Signal einer offenen Kirche aussenden: "Die Lorenzkirche will einladend sein und Menschen in einer säkularer werdenden Welt niederschwellig begrüßen." Rund 700.000 Besucher kamen vor der Pandemie pro Jahr in das gotische Gotteshaus.

Dekan hält Umbau für notwendig

Der evangelische Stadtdekan Jürgen Körnlein unterstreicht, dass der Anlass für den Umbau notwendig ist. Er erhofft sich von den Architektenvorschlägen eine "enorme Leichtigkeit, um die brandschutz-technischen, gottesdienstlichen, veranstaltungsfördernden und besucherfreundlichen Maßnahmen zu vereinbaren".

Massive Proteste

Mit der deutlichen Reduzierung des Maßnahmen-Pakets nimmt man Abstand von dem kolossalen, ersten Entwurf aus dem Jahr 2020. Bei der Öffentlichkeit kam das Sechs-Millionen-Euro-Projekt nicht gut an.

"Ich bin entsetzt, das ist mein bisher schlimmstes Projekt", äußerte Stadtheimatpflegerin Claudia Maué damals bestürzt. Durch den extremen Eingriff werde der Raumeindruck zerstört, die Kirche amputiert. Sie empfand die Überlegungen als "respektlos und ehrfuchtlos" gegenüber dem Gebäude.

In einer Resolution sprachen sich außerdem 76 Fachleute - Professoren für Kunstgeschichte, Restauratorinnen, Museumsleitungen, Dombaumeisterinnen und Denkmalpfleger ebenfalls entschieden für die sofortige Aufgabe der Pläne aus. Die Experten aus Deutschland, USA, England und Österreich mahnten einen sensiblen Umbau mit dem "Bauwerk von Weltrang" an.

Auch viele Leser der Nürnberger Nachrichten und der Nürnberger Zeitung und User der Internet-Plattform Nordbayern.de gaben ihrem Missfallen deutlich Ausdruck.

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