Hass-Attacken in Netzwerken

Nach EM-Finale: Nürnberger SPD-Chef erschüttert über Rassismus

12.7.2021, 19:27 Uhr
Nasser Ahmed (rechts), Nürnberger SPD-Stadtrat und Vorsitzender des SPD-Unterbezirks.

© Roland Fengler, NNZ Nasser Ahmed (rechts), Nürnberger SPD-Stadtrat und Vorsitzender des SPD-Unterbezirks.

Das Finale der Fußball-EM zog Millionen Sportfreunde in seinen Bann. Dass danach in Teilen der sogenannten Sozialen Netzwerke nicht gefeiert, sondern in unerträglicher Weise gelästert und gehetzt wurde, veranlasste Nasser Ahmed zu einer Reaktion voller Erschütterung. Fragen an den Nürnberger SPD-Chef, Stadtrat und sportpolitischen Sprecher seiner Fraktion.

Wie haben Sie das Endspiel verfolgt?

Ahmed: Ich war hin- und hergerissen: Kulturell und fußballerisch schlägt mein Herz eher für die Italiener, zugleich aber hat mich während des Turniers die englische Mannschaft stark beeindruckt. Sie ist jung und multikulturell und ein Vorbild für Integration und Vielfalt. Ihrem Kniefall als Symbol hat sich ja zum Beispiel auch die deutsche Mannschaft gerne angeschlossen.

Aber nach dem Abpfiff – und den tragisch verschossenen Elfmetern - hat sich offenbar eine Welle von Häme und übelster Diffamierung über Spieler dunkler Hautfarbe ergossen.

Ahmed: Es ist für mich unfassbar und ekelhaft. Auch die enttäuschten Fans hätten allen Grund gehabt, sich über das Erreichte zu freuen. Im Elfmeter-Schießen zu verlieren, ist wirklich nicht ehrenrührig - das ist ja eher ein Lotteriespiel. Was sich auf Twitter & Co. abgespielt hat, wurde mir auch erst am Montagvormittag klar.

Wie das?

Ahmed: Als ich mir ansah, welche Schlag- und Schlüsselwörter besonders häufig vorkamen, hätte ich erwartet, dass Hashtags mit direktem Fußballbezug ganz vorne liegen. Statt dessen stieß ich auf #Saynotoracism als Ansage gegen Rassismus. Das machte mich neugierig. Die weitere Suche ergab, dass Hooligans „den Schwarzen“ die Schuld für die Niederlage in die Schuhe schoben. Verbunden mit rüden Drohungen, ging das „N-Wort“ durch die Decke.

Müssen die Portalbetreiber bei soviel Verbreitung von Hass nicht eingreifen?

Ahmed: Doch, Twitter hat das auch gemacht und das „N-Wort“ gelöscht. Damit landete #Saynotoracism“ ganz vorne. Klingt gut, reicht aber natürlich hinten und vorne nicht.

Warum?

Ahmed: Der ganze Vorgang zeigt, wie verbreitet ein tief schlummernder Rassismus noch ist, in England und wohl auch bei uns. Zwar glaube ich, dass die Mehrheit gewiss nicht rassistisch ist. Aber das reicht nicht. Jeder einzelne muss auch aktiv eingreifen und anderen die Augen öffnen, wenn so etwas auftaucht. Dringend ändern muss sich vor allem das Kontrollverhalten der Bundespolizei, die sich am Bahnhof systematisch Menschen mit anderer Hautfarbe vornimmt. Auch in den Schulen und Lehrplänen ist noch viel zu tun.

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