Rundgang durch Pillenreuth auf den Spuren von Klosterfrauen

23.8.2012, 00:00 Uhr
Rundgang durch Pillenreuth auf den Spuren von Klosterfrauen

© Hagen Gerullis

Wir starten an der Bushaltestelle Herpersdorf (1) und gehen in östlicher Richtung zur Kirche Corpus Christi (2). Beide Punkte sowie die übrigen im Text erwähnten, dienen zur Orientierung auf der Karte unten.

Im Pfarrhof, der 1983 eingeweihten Kirche, begrüßt uns der Augustinus Brunnen. Im Inneren sind einige moderne Kunstwerke zu bestaunen. So die 15 bunt bemalten Fenster des Kreuzweges von Reinhard Zimmermann. Auf dem Altarbild stellt der Künstler Josef Blaschke die Passion nach dem Evangelisten Lukas dar.

Nach der Besichtigung der Kirche überqueren wir an der Fußgängerampel die Straße und spazieren auf dem Fuß- und Radweg weiter.

Der Weg mündet in die Barlachstraße. Wir gehen nach rechts an dem verträumt liegenden „Edel-Weiher“ vorbei, der im Besitz des Klosters war. Auf dem Weiterweg macht uns ein Schild auf den Zeidlerverein und sein Domizil aufmerksam. Die Imkerei (3) hat in diesem Vorort Tradition.

Die Wanderroute führt von Herpersdorf über Pillenreuth, Königshof und Weierhaus, bevor es auf direkten Wege wieder zurück zum Ausgangspunkt geht.

Die Wanderroute führt von Herpersdorf über Pillenreuth, Königshof und Weierhaus, bevor es auf direkten Wege wieder zurück zum Ausgangspunkt geht. © NZ-Infografik

Gehen wir zurück und spazieren an der Hecke entlang in Richtung Pillenreuth. Von weitem ist das östliche Eingangstor zum ehemaligen Klosterbereich zu erkennen. Beim Durchschreiten wird klar, dass von diesem Kloster nicht mehr viel zu sehen ist — nicht zuletzt durch die Explosion im Januar 2012! An den Linden in der Ortsmitte vorbei, können wir uns jetzt vor der Ruine nur mit der gesicherten Geschichte befassen.

Das Kloster Pillenreuth (4) stiftete im Jahre 1345 der Nürnberger Reichsschultheiß Konrad Groß für die Töchter der führenden Nürnberger Familien. Unterstützt wurde diese Stiftung von Kaiser Ludwig dem Bayer. Es entstand ein umfangreicher, von einem breiten, wassergefüllten Graben und einer Mauer gesicherter Klosterbezirk, der noch durch eine innere Mauer unterteilt war. Die Klausnerinnen kamen 1378 überein, die Ordensregel des heiligen Augustinus anzunehmen. Erst nach dem Tod des Kaisers, der im päpstlichen Bann stand, konnte für die Klause die päpstliche Genehmigung als Kloster erwirkt werden.

Rundgang durch Pillenreuth auf den Spuren von Klosterfrauen

© Eduard Weigert

1450 lud Markgraf Albrecht Achilles die Nürnberger zum Fischessen an die Pillenreuther Weiher ein. Er fischte die Weiher aus, die Eigentum Nürnbergs waren. Das konnte doch nur Ärger geben! Prompt kam es zum blutigen Gefecht, bei dem 200 tote Pferde und 100 tote Reiter das Schlachtfeld bedeckt haben sollen. Das Kloster lag in einem seltsamen politischen Zwiespalt. Einerseits gehörte die Stiftung des Ratsherren Groß zur Reichsstadt Nürnberg, andererseits lag es im Vorland, wo der Markgraf die Gerichtsbarkeit ausübte. Dies gab wiederholt böse Verwicklungen, die auch zum ersten und zweiten Markgrafenkrieg der Jahre 1449-1451 und 1552-1553 führten.

Neben einer kleinen Kapelle baute man eine gotische Kirche, die 1481 geweiht wurde. Die Bauern konnten an drei Marienfesttagen im Jahr beim Besuch des Gottesdienstes einen“100 Tage Ablass“ bekommen – so bedeutend und „einnehmend“ ging es also hier zu!

1525 entschied sich der Rat der Reichsstadt Nürnberg offiziell für die Reformation. Bei den Bauernunruhen hatten sich die Klosterfrauen ins St. Klara-Kloster nach Nürnberg geflüchtet, kehrten jedoch bald wieder zurück. Der Innere Rat der Stadt versuchte vergeblich auch hier die Reformation einzuführen.

Im zweiten Markgrafenkrieg plünderte Markgraf Albrecht Alcibiades 1552 das Kloster und verwandelte es in einen Aschenhaufen. Nicht weil Pillenreuth katholisch, sondern nürnbergisch war. Wieder mussten die Nonnen nach Nürnberg flüchten. Im September 1591 starb die letzte Pillenreuther Klosterfrau im Klara-Kloster. Vom ehemaligen Kloster sind heute nur noch die beiden Tore, das ehemalige Herrenhaus und Teile der alten Klostermauer zu sehen. Die letzten Reste des ehemaligen Pröpstinnenhauses flogen im Januar 2012 in die Luft.

Verlassener Königshof verfällt leider immer mehr

Wir gehen ein kleines Stück unseres Weges zurück, biegen dann in den Wiesenweg ein und gehen diesen geradeaus am Waldrand weiter. Eine liebliche Landschaft: Vorbei an Wiesen, - hier lag früher der Königsweiher, ein Weiher, größer als der Dutzendteich,- und schönen alten Eichenbäumen, kommen wir nun zu dem leider schon seit 20 Jahren verlassenen Königshof (5). Dieser Königshof, ein Wirtschaftshof, wurde dort nach der Trockenlegung des ehemaligen Königsweihers 1796 erbaut. Ein landschaftliches und kulturelles Kleinod wird wohl hier bald verloren gehen. Diesem spekulativen Bestreben sollte Einhalt geboten werden!

Auf dem Wiesenweg gehen wir noch ein kurzes Stück weiter bis wir auf einen asphaltierten Weg stoßen, den wir nach links verlassen. Nach Erreichen der Konrad Stör Straße gehen wir weiter nach rechts. Konrad Stör war der der erste Besitzer des 1302 nachweisbaren Zeidlergutes Pillenreuth. Das Wanderzeichen des FAV mit der Jakobsmuschel soll uns ab hier ein kleines Stück begleiten. Vorbei an der Bushaltestelle Hordlerstraße und noch einmal nach rechts in die Propsteistraße und hier weiter bis zum Marthweg. An der Ampel überqueren wir die Straße und folgen dem „Jakobsweg“, gehen hier mit der Markierung in den Wald bis zum Fuß des Main-Donau-Kanals. An der Unterführung verlässt uns das Zeichen nach rechts, wir spazieren weiter bis wir auf einen asphaltierten Weg stoßen. Hier ab nach links zur Gaststätte „Meßthaler“ (6). In unmittelbarer Nachbarschaft sehen wir den heute renovierten ehemaligen Herrensitz Weiherhaus.

Rundgang durch Pillenreuth auf den Spuren von Klosterfrauen

© Manuela Prill

Die Historiker Alberti und Boesch haben die Geschichte des Herrensitzes Weiherhaus bei Pillenreuth erforscht. „Weiherhäuser“ waren burgähnliche Gebäude, die zur Verteidigung und zur Verwaltung der Teichanlagen dienten. Am Anfang der Weiherhäuser Geschichte stand die Patrizier Familie Fischbeck. In einer Urkunde aus dem Jahre 1339 erfahren wir erstmals von der Lage und Anzahl der Weiher. „Die Fischbecken haben hier sechs Weiher angelegt, die ihnen von Kaiser Ludewig verliehen wurden.“ Durch die große Nachfrage nach Speisefischen ist die wirtschaftliche Bedeutung der Weiherwirtschaft zu erklären. Die mittelalterlichen Nürnberger mussten nicht nur in der Fastenzeit und an den Freitagen, sondern auch im Advent fleischlos essen. Trotzdem gerieten die Gebrüder Fischbeck bald in finanzielle Schwierigkeiten. Die Weiher kamen daraufhin 1354 in reichsstädtischen Besitz. Doch es stellte sich rasch heraus, dass auch hierdurch nicht besser gewirtschaftet wurde. Der Herrensitz und die Weiher wurden danach an verschiedene Pächter vergeben. 1696 wurde der Umbau des Herrenhauses genehmigt, in etwa so, wie wir das Haus heute sehen.

Rundgang durch Pillenreuth auf den Spuren von Klosterfrauen

© Hagen Gerullis

Überqueren wir noch einmal den Marthweg und spazieren an der Radmeisterstraße an den rechtsliegenden Stockweihern vorbei. Bewundern wir beim Vorbeigehen das schöne schmiedeeiserne Tor des Anwesens Radmeisterstraße 70. An der Haltestelle Sigmund-Freud Straße ist rechts ein 1,30 Meter hohes Steinkreuz (7), das „Schwedenkreuz“, zu entdecken. Mit „Schweden“ hat dies nichts zu tun, es ist ein Sühnekreuz: Im Jahr 1501 wurde hier der Kornburger Hans Schmidt erschlagen. Kurz darauf sehen wir rechts die heute vor dem Abbruch stehende Gaststätte Egerer (8). Hier war früher Start und Ziel der Rennradfahrer. Die Uranfänge des Radsports gehen auf das Jahr 1926 zurück. Namen wie Keßler, Kittsteiner, Fuggerer, Duschl, Goletz u.a. sind vielleicht noch in Erinnerung. Das war noch Radsport ohne Skandale! Start und Ziel ist Herpersdorf, und das nicht nur für die Radsportler von einst, sondern auch für unseren heutigen Spaziergang.
 

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