So steht es um Nürnbergs Flüchtlingsunterkünfte

11.9.2020, 05:51 Uhr
So steht es um Nürnbergs Flüchtlingsunterkünfte

© Foto: Anestis Aslanidis

"Wir haben nichts zu verbergen", sagt Sozialreferentin Elisabeth Ries (SPD). Die Stadträtinnen Kathrin Flach Gomez (Die Linke) und Marion Padua (Linke Liste) hatten unter anderem das massive Problem mit Schädlingen in der Einrichtung angeprangert.


Zustände in Schloßstraße: Jetzt sprechen die Bewohner


Das besagte Heim steht wegen sechs positiver Corona-Fälle indes unter Quarantäne und kann nicht besucht werden. Die Einrichtungen an der Eilgutstraße und an der Münchener Straße seien aber von den Standards her mit der so intensiv in die Kritik geratenen Einrichtung vergleichbar, erläuterten Sozialamtsleiter Volker Wolfrum und Thorsten Bach, Koordinator für Wohnungsfragen und Obdachlosigkeit in der Behörde, bei dem Ortstermin.

Sie gehören laut Bach genauso wie die Schloßstraße zu den Einrichtungen der dritten und untersten Kategorie. Dort gibt es Gemeinschaftsküchen, Toiletten und Bäder. In der zweiten Kategorie haben die Wohneinheiten entweder Küche oder Bad, im besten Segment beides.

Belegung in Häusern während Corona "entzerrt"

Bach war von 2014 bis 2019 stellvertretender Leiter der Fachstelle für Flüchtlingsfragen und hat mitgeholfen, angesichts der enormen Zuwanderung von 2014 und 2015 möglichst viele Gemeinschaftsunterkünfte in Betrieb zu nehmen. Die Einrichtung an der Eilgutstraße, ein ehemaliges Schulgebäude, besteht aus zwei Häusern. In dem einen sind Bach zufolge Männer, in dem anderen Familien untergebracht. "Aktuell leben derzeit 88 Personen hier, eine Belegung mit maximal 248 Bewohnern wäre möglich." Angesichts der Corona-Krise habe man aus Gründen des Infektionsschutzes versucht, die Belegung in den Häusern zu entzerren, berichten Bach und Wolfrum. Bei den Einrichtungen der dritten Kategorie liege sie im Schnitt bei 30,72 Prozent, sagt Wolfrum, insgesamt bei 47,6.

So steht es um Nürnbergs Flüchtlingsunterkünfte

© Foto: Anestis Aslanidis

Beim Rundgang begegnen den Besuchern von Sozialamt und Presse denn auch nur wenige Bewohner. Ein junger Mann aus dem Irak beschwert sich. Aber nicht über die Zustände in seinem Zimmer, sondern über das aus seiner Sicht zu teure Internet und darüber, dass in seinem Fall nichts vorangehe. Er lebe seit fünf Jahren hier und habe nur eine Duldung.

In der Einrichtung an der Münchener Straße kocht sich ein junger Mann in der geräumigen Gemeinschaftsküche gerade Nudeln, als die Besucher kommen. Auch hier sind in den Fluren nur wenige Asylbewerber unterwegs. Die Einrichtung war eine der letzten, die die Stadt im Jahr 2018, als der große Zuzug bereits beendet war, noch in Betrieb genommen hat. Das ehemalige Firmengebäude bietet Platz für über 500 Bewohner, derzeit leben dort aber nur 145. Wie auch in der Eilgutstraße, werden die Zimmer, abgesehen von Familien, in der Regel mit höchstens zwei Bewohnern belegt.

"Eigentlich wollten wir als Stadt nur kleinere Unterkünfte mit höchstens 100 Bewohnern betreiben", erinnert sich Bach. Der Druck, viele
Leute unterzubringen, habe dann für ein Umdenken gesorgt. Nun aber besitze man Kapazitäten für ein besseres Belegungsmanagement. Derzeit betreibt die Stadt 42 Gemeinschaftsunterkünfte, es sollen aber weniger werden. Amtschef Wolfrum will demnächst ein Konzept zum Abbau im Sozialausschuss vorstellen.