"Terroristenjäger" Horst Herold: Alles begann in Nürnberg

19.10.2013, 12:26 Uhr
"Einer der Besten", wie die Pariser Zeitung Le Monde findet: Ex-BKA-Chef Horst Herold.

© dpa "Einer der Besten", wie die Pariser Zeitung Le Monde findet: Ex-BKA-Chef Horst Herold.

Nürnbergs ehemaliger Polizeipräsident lebt nach seinem ebenso dramatischen wie tragischen Karriereende seit 32 Jahren immer noch in einer Rosenheimer Polizeikaserne. Den gebürtigen Thüringer zieht es jetzt allerdings dorthin zurück, wo sein Berufsleben so erfolgreich begann.

Die Grundlagen für seine weltweit beachteten Erfolge beim BKA erarbeitet sich Herold in Nürnberg. Bereits als Siebenjähriger lernt er diese Stadt kennen: Sein Vater wird 1930 nach Nürnberg versetzt. Horst Herold besucht hier die Oberrealschule. Elf Jahre später meldet sich der 18-Jährige freiwillig zum Kriegsdienst. 1945 kehrt er, schwer verwundet, aus dem Krieg zurück – zum unzerstörten Haus seiner Eltern nach Nürnberg. Hier lernt er auch seine spätere Frau kennen. Nach dem Studium ist er bei der Nürnberger Staatsanwaltschaft tätig – sein Vorgesetzter heißt Hans Sachs. Der eine wird wenige Jahre später bundesweit als erfolgreichster Terroristenjäger bekannt, der andere als „Ratefuchs“ im Fernsehen.

Der Tätigkeit als Richter in Nürnberg folgt 1964 Herolds Wechsel in den Polizeidienst. Bedächtig, fast grüblerisch, aber zielstrebig leitet er in der Frankenmetropole die Kripo. Mit 43 Jahren sitzt er auf dem Sessel des Nürnberger Polizeipräsidenten. Hier kurbelt er die Ermittlungsarbeit an, die sich auf EDV-Einsätze stützt, hier lässt er alle Daten über Tatorte elektronisch erfassen. Der städtische Verwaltungsbericht erfasst es akribisch: Von 1968 bis 1970 wurden im Polizeipräsidium 82 Computerprogramme auf drei separaten Datenbanken mit 28770 Personen, 81670 Fall- und 860 Daktyloskopiedatensätzen erfasst – sie wurden 4680-mal abgefragt.

Mit dem teilweise völlig überlasteten städtischen Rechenzentrum verwirklicht Horst Herold das, was ihm 1971 als BKA-Chef seine Erfolge durch die elektronische Rasterfahndung ermöglicht. Der Perfektionist und brillante Polizist treibt die wissenschaftliche Analyse von Tatortspuren auf die Spitze. Der Erfolg kommt dann fast zwangsläufig. Mit dem sogenannten INPOL-System, das er bereits als Polizeipräsident in Nürnberg vorantrieb, kann das BKA in Sekundenschnelle Erkenntnisse an die ermittelnden Beamten weiterleiten. Herold schafft es, aus einer eher provinziell anmutenden Behörde ein weltweit anerkanntes Bundeskriminalamt zu machen

Nürnbergs Polizeipräsident Johann Rast bewertet Herolds Leistungen gestern auf Anfrage der NZ so: „Bereits in seiner Nürnberger Zeit hat Horst Herold EDV-gestützte Recherche und Ermittlungsmethoden eingeführt und damit über die Grenzen Bayerns hinaus ein neues Zeitalter für die Polizeiarbeit eröffnet.“ In seiner späteren Zeit als BKA-Präsident hat Herold damit, Johann Rast zufolge, die Voraussetzungen für die Aufklärung der terroristischen Morde der 70er Jahre, aber auch für eine wirksame Bekämpfung von Strukturen der organisierten Kriminalität geschaffen. 1977 entführt die RAF den Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer. Mithilfe von Herolds ausgefeilten Fahndungsmethoden soll Schleyer gerettet werden. Es wird ein Desaster, eine Zäsur in dem bis dahin so überaus erfolgreichen Berufsleben von Horst Herold.

Ein entscheidendes Spurenblatt geht irgendwo verloren, verloren zwischen Herolds 15 schrankhohen Polizei-Computern. Schleyer wird von den Terroristen erschossen, statt wie erhofft von der Polizei befreit. Herolds Ruf ist angekratzt. Mit 57 Jahren wird er in den einstweiligen Ruhestand versetzt – aus Sicherheitsgründen in ein Haus auf einem Kasernengelände bei Rosenheim. Der nach eigenem Bekunden „letzte Gefangene der RAF“ möchte aber laut SZ wieder gerne zurück – nach Nürnberg.
 

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