Tragische Schicksale in der Schuldenfalle

1.10.2014, 16:09 Uhr
Tragische Schicksale in der Schuldenfalle

© Foto: Robert Schmitt

Das Telefon klingelt nach wie vor recht häufig. Wolfgang Hunner für den Landkreis Roth und Sabine Albuscheit für die Stadt Schwabach betreuen 800 laufende Fälle pro Jahr.

Zur 20-Jahr-Feier der Schuldnerberatung war neben Vertretern der Awo und der Kommunen, dem Awo-Landeschef Prof. Dr. Thomas Beyer und Michael Weinhold, Leiter der Nürnberger Beratungsstelle, auch der Mann der ersten Stunde in die Awo-Werkstatt „Auf Draht“ in Roth gekommen: Ulrich Kuhlmann hat die Schuldnerberatung in Schwabach mit aus der Taufe gehoben und 14 Jahre dort gearbeitet. Wolfgang Hunner kam im Jahr 2000 für den Landkreis Roth hinzu.

Hermann Vogels Machtwort

„Die Fallzahlen waren von Anfang an hoch, es kamen jährlich Hunderte von Menschen dazu und das wird auch so bleiben“, sagte Ulrich Kuhlmann. Zugleich wies der Sozialpädagoge darauf hin, dass kein Wohlfahrtsverband in Schwabach zunächst die Schuldnerberatung übernehmen wollte. „Dann hat Hermann Vogel gesagt: das machen wir“, erinnerte Kuhlmann an den verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden des Awo- Kreisverbands Roth-Schwabach. Heute sind Schuldner- und Insolvenzberatung vereint. Sie werden von den Kommunen und dem Freistaat finanziert. 87 000 Euro pro Jahr leistet der Landkreis Roth, 56 000 Euro kommen aus München und 42 000 Euro steuert die Stadt Schwabach bei.

Michael Weinhold wies in seinem kurzen Referat über die Geschichte der Beratung für überschuldete Menschen auf die Zweistufigkeit des Beratungsziels hin. Schuldnerberatung war ab 1994 auf die Existenzsicherung ausgerichtet. Hoch verschuldete Menschen sollten nicht obdachlos werden und weiter Strom beziehen können. „1999 trat dann die Insolvenzordnung für Privatleute in Kraft“, so Weinhold. Sie machte die Schuldnerberatung zur Pflichtaufgabe der Kommunen, führte die Insolvenzberatung als Aufgabe der Bundesländer ein und ermöglichte bei Wohlverhalten eine Restschuldbefreiung nach sieben Jahren. „Bayern stellt dafür mehr Geld zur Verfügung als Baden-Württemberg, Hessen zahlt gar nichts“, zeigte Weinhold einige Unterschiede auf.

Thomas Beyer blickte mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die Arbeit der Schuldnerberatung. „Soll man sich freuen, dass sie 20 Jahre nötig war?“, fragte Beyer, hob aber die Bedeutung der Arbeit eines Wohlfahrtsverbands in beide Richtungen hervor. „Unsere Aufgabe ist es sehr wohl, dafür zu sorgen, dass man solche und ähnliche Einrichtungen nicht mehr braucht, aber wer in Not ist, darf nicht ohne Hilfe bleiben“, so Beyer. „So lange es also Schuldnerberatungsstellen geben muss, wünsche ich mir, dass sie so laufen wie die der Awo RothSchwabach“, erklärte der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete. „Schließlich ist sie eine unserer Vorzeigeberatungsstellen“, lobte Beyer und wandte sich dann an die Vertreter der Awo ebenso wie an die der beteiligten Kommunen: „Sie dürfen stolz sein auf ihre Arbeit.“

Notwendiger denn je

Awo-Kreisvorsitzender Hartmut Hetzelein erklärte, die Schuldnerberatung sei notwendiger denn je. „Die Gefahr, in die Schuldenfalle zu tappen, wird immer größer“, war Hetzelein überzeugt. Das führe zu tragischen Einzelschicksalen. Oft könne dann allein ein professioneller Berater einen Weg heraus aus der finanziellen Krise weisen, so der Awo-Chef.

Landrat Herbert Eckstein gratulierte für „Leistung über einen langen Zeitraum“. Denn es sei schwierig angesichts menschlichen Leids, die Spannung zu halten. Im Landkreis habe sich mittlerweile ein geflügeltes Wort durchgesetzt, meinte Eckstein. „Der Hunner kommt“, das sei keine Drohung, sondern dann werde vielen Menschen geholfen, so der SPDKommunalpolitiker. Für die Stadt Schwabach überbrachten Bürgermeister Roland Oeser und Stadtratsmitglied Hartwig Reimann Glückwünsche. „Wir halten die Hilfe für sehr wichtig“, erklärte Oeser. Der ehemalige Schwabacher Oberbürgermeister Reimann lobte die Awo für ihre Vorreiterrolle in Sachen Schuldnerberatung und schilderte seine Kooperation mit dem Wohlfahrtsverband für einen Antrag im Bayerischen Senat zur Einführung der Insolvenzberatung.

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