Übler Stalker machte seiner Freundin das Leben zur Hölle

13.3.2020, 09:17 Uhr
Übler Stalker machte seiner Freundin das Leben zur Hölle

© Foto: Horst Linke

Alles begann mit einem Kaffee. Marius und Nadine, im echten Leben heißen sie anders, verstanden sich auf Anhieb gut. Marius – der Nürnberger ist Mitte 40 – und die fünf Jahre jüngere Nadine trafen sich immer häufiger. Sie wurden ein Paar. Dreieinhalb Jahre lang lief alles gut.

Dann spielte er darauf an, dass er künftig vielleicht doch nicht mehr mit ihr zusammen sein wolle. Sie zog einen Schlussstrich. Gut zwei Jahre ist das mittlerweile her. Zwei Jahre, in denen man sich normalerweise aus den Augen verliert. Genug Zeit, in der eigentlich auch die schmerzvollsten Erinnerungen verblassen.

Aber nicht bei Marius und Nadine. Für die junge Frau aus dem Nürnberger Umland ist heute nichts mehr so, wie es einmal war. "Die Unbeschwertheit ist weg", sagt sie. Ihr Ex-Partner habe sie terrorisiert. Dass er ihr unzählige Nachrichten schickte, in denen er sie beschimpft, das könnte sie vielleicht noch ertragen. Ihr Ex aber ruft beim Jugendamt an, behauptet, Nadine kümmere sich nicht ausreichend um ihre beiden Kinder.

Absurde Märchen von "Sexabenteuern"

Auch bei der Polizei schwärzt er sie an, behauptet, sie verbreite Lügen über ihn. Sogar an ihrem Arbeitsplatz – Nadine arbeitet als Verkäuferin im Hauptbahnhof – hat die junge Frau keine Ruhe. Marius meldet sich bei der Stadtreklame, die die Läden in der Königstorpassage vermietet, und behauptet, dass Nadine in den Räumlichkeiten mit verschiedenen Männern verkehre.

Das Märchen "Sexabenteuer" tischt Marius auch Mitarbeitern der kommunalen Verkehrsüberwachung auf – mit der Behauptung, dass ein Angestellter hier beteiligt sei. Sogar die Frau eines Bundespolizisten bekommt Post von ihm – mit dem Hinweis, dass sich der Beamte mit Nadine vergnüge.

Nadine wird zu dieser Zeit bereits an ihrem Arbeitsplatz schief angeschaut. Marius setzt dem ganzen noch die Krone auf – und meldet sich bei der Nürnberger Zeitung. "Es ist langsam nur noch widerlich", sagt er damals beim Gespräch in der Redaktion über "das Luder vom Hauptbahnhof", wie er die Frau nennt. Marius gibt Adressen heraus, nennt Telefonnummern von Menschen, mit denen er die Thematik besprochen haben will, nennt Namen von Polizisten, die mit der jungen Frau verkehren sollen.

Sechs Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft

Die Redaktion recherchiert. Nicht etwa, weil sich eine Frau im und rund um den Hauptbahnhof angeblich vergnügen soll. Vielmehr weckt die Behauptung, dass Polizisten gegen Dienstpflichten verstoßen haben sollen, die journalistische Neugier. Nach zwei Anrufen ist bereits klar: Marius ist ein Stalker, Nadine sein Opfer.

Einige Tage später kommt die junge Frau in die Redaktion. Sie erzählt vom Annäherungsverbot, das sie gegen ihn erwirkt hat. Davon, dass er sie nicht kontaktieren darf – auch nicht über Dritte. "Ich lasse mir nicht mein Leben zerstören", sagt sie da.

Ein Jahr dauert es, dann muss sie ihn doch wiedersehen, diesmal vor dem Amtsgericht. Sechs Anklagepunkte hat die Staatsanwaltschaft aufgeführt. "Würden wir Sie für alles verurteilen, wir wären locker bei einem Jahr", so der Anklagevertreter. Das Problem ist nur: Wie soll man nachweisen, wer anonym beim Jugendamt angerufen hat? Wer steckt hinter dem Fake-Profil, das üble Nachrichten verschickt? Lohnen sich Ermittlungen, wenn am Ende nur geringe Strafen herauskommen?


"Luder vom Hauptbahnhof": Mann terrorisiert Ex-Freundin


Es folgen Rechtsgespräche – und das Angebot, eine milde Strafe auszusprechen, wenn der Mann zumindest die Taten zugibt, die ihm ohnehin leicht nachzuweisen sind, weil er sie nicht anonym begangen hat. Marius gesteht. Und wird wegen Verleumdung zu 100 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. "Wir wollen Rechtsfrieden und dass die Beziehung wirklich ein Ende findet", begründet Amtsrichterin Barbara Stengel ihr Urteil – macht aber auch deutlich, dass es mit der Geduld der Justiz vorbei ist, sollte Marius weiterhin Nadine nachstellen.

Nadine braucht Zeit, das Urteil muss sie erst sacken lassen. Ein paar Tage später kommt alles wieder hoch, die Wut, der Schmerz. "Das wünsche ich keinem", sagt sie über das, was sie erlebt hat – und ist froh, dass Marius die Konsequenzen seiner Taten jetzt zu spüren bekommt.

Eine neues Beweisstück

Möglicherweise bleibt es nicht bei dieser einen Verurteilung. Zum Jahreswechsel hat ihr jemand einen Pokal geschickt. "Herzlichen Glückwunsch zur Titelverteidigung nach 2018 Einstimmig auch 2019 zur Nr.1 Schlampe des Bahnhof’s Nürnberg und ganz Franken gewählt worden MFG die Belegschaft und Mitarbeiter des Bahnhof’s", ist dort eingraviert. Der Pokal ist mittlerweile Beweisstück – in einem neuen Strafverfahren gegen Marius.


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