Vater drei Jahre in Haft: Maede Soltani gibt nicht auf

12.9.2014, 16:18 Uhr
Vater drei Jahre in Haft: Maede Soltani gibt nicht auf

© Foto: Matejka

Frau Soltani, vor genau drei Jahren wurde Ihr Vater verhaftet. Was ist das heute für ein Tag für Sie?

Maede Soltani: Es ist ein trauriger Tag, aber auch einer voller Hoffnung. Der Zeitpunkt rückt näher, wo er freikommt, da bin ich zuversichtlich. Trotzdem: Nie hätte ich mir vorstellen können, dass mein Vater so lange in Haft sein würde. Diese drei Jahre haben sich wie 30 angefühlt. Schlimm ist es immer montags, wenn meine Familie ihn im Gefängnis besucht, ohne mich. Meist sind sie durch eine Glasscheibe getrennt. In der ganzen Zeit durften sie ihn nur etwa zehnmal ohne diese Trennwand sehen und umarmen.

Ihr Vater hat einst das Teheraner Zentrum für Menschenrechtsverteidiger mitbegründet, hat politische Gefangene im Iran verteidigt. Wie geht es ihm jetzt, da er selbst so lange in Haft sitzt?

Soltani: Es geht ihm nicht gut. Er hat Bluthochdruck, Magenprobleme und Anämie und wird medizinisch sehr schlecht versorgt. Sein Körper wird zusehends schwächer, das liegt auch an der schlechten Ernährung im Gefängnis.

Wie halten Sie von Nürnberg aus Kontakt zu ihm?

Soltani: Immer wenn er nach vielen Anträgen und Beschwerden einmal zum Arzt darf, gibt ihm meine Mutter kurz ihr Handy und ich kann mit ihm sprechen. Kürzlich war er beim Zahnarzt und wir konnten kurz reden. Es ist makaber, aber als er länger ins Krankenhaus musste, haben wir uns fast gefreut. Da hatte ich 41 Tage lang telefonischen Kontakt.

Was berichtet Ihr Vater von seinem Alltag?

Soltani: Er ist im bekannten Trakt 350 des Evin-Gefängnisses. Dort sind nur Oppositionelle, darunter viele Intellektuelle, Wissenschaftler, Literaten und Journalisten. Sie organisieren Sprach- und andere Kurse, Lesungen, politische Diskussionen, aber es wird auch viel zusammen gekocht und Sport gemacht. Jetzt scheint die Regierung diese Gruppe auseinanderreißen zu wollen.

Woraus schließen Sie das?

Soltani: Die Hälfte seiner Mitgefangenen ist schon in andere Gefängnisse verlegt worden. Wir haben schreckliche Angst, dass mein Vater bald in das 1200 Kilometer von unserem Wohnort Teheran entfernte Borasjan-Gefängnis verlegt wird. Das wäre ein Alptraum - vor allem für meine Mutter, die so für ihn kämpft.

Können Sie Pakete schicken?

Soltani: Nein, aber die Familie kann ihm manchmal etwas mitbringen. Einmal habe ich eine warme Jacke und Medikamente geschickt und auf die Etiketten mit winziger Schrift Botschaften geschrieben. Briefe darf er nicht empfangen.

Im April haben Sicherheitskräfte das Gefängnis gestürmt und Häftlinge misshandelt. Auch Ihren Vater?

Soltani: Das war ein blutiger Übergriff. Viele wurden schwer verletzt, meinem Vater wurden „nur“ die Haare abrasiert. Auch so gibt es viele Demütigungen und Schikanen, gegen die wir ständig ankämpfen. Erstes Ziel ist ein Hafturlaub, damit er endlich richtig behandelt werden kann.

Das alles aus der Ferne mitzuerleben, muss belastend sein. Wie kommen Sie damit klar?

Soltani: Ich arbeite hier als Industriedesignerin, habe ein glückliches Leben, auch wenn das Schicksal meines Vaters immer im Vordergrund steht. Wenn ich die vielen Flüchtlinge sehe, die in Zelten leben, finde ich auch das schockierend. Sie suchen ein Zuhause und finden oft jahrelang keines.

Können die Nürnbergerinnen und Nürnberger etwas für ihren Menschenrechtspreisträger tun?

Soltani: Sie können bei der Regierung um seine Freilassung bitten und schreiben an: Head of the Judiciary, Ayatollah Sadegh Larijani, c/o Public Relations Office, Number 4, 2 Azizi Street, Teheran,  Islamic Republic of Iran. Oder eine Mail schicken an: bia.judi@yahoo.com Die Anrede lautet: Your Excellency. Ich hoffe so sehr, dass wir beim nächsten Interview über die Freilassung meines Vaters sprechen werden.

Maede Soltani hat einen offenen Brief an ihren Vater anlässlich der dreijährigen Haft verfasst. Diesen können Sie hier in seiner ganzen Länge lesen.

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