Teilhabe und Toleranz

"Nicht unsichtbar": Weltautismustag legt Fokus auf Menschen aus dem autistischen Spektrum

Anne-Sophie Reiß

Volontär

E-Mail zur Autorenseite

9.4.2024, 09:55 Uhr
Weltautismustag 2024: Ruka aus Nürnberg wünscht sich mehr Rücksichtnahme.

© IMAGO / Pond5 Images / privat Weltautismustag 2024: Ruka aus Nürnberg wünscht sich mehr Rücksichtnahme.

Ruka ist autistisch. Allein dieser Satz lässt eine Vielzahl an Vorstellungen und Klischees über Autisten und Autistinnen in den Köpfen der meisten Menschen aufploppen. Manche denken an Sheldon Cooper aus der Serie "Big Bang Theory" oder Greta Thunberg. Das Asperger-Syndrom ist die bekannteste Form von Autismus, aber nur ein Teil des gesamten Spektrums.

Autismus wird vom Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus (autismus Deutschland e.V.) als eine "komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung" bezeichnet. Bei der Diagnose unterscheidet man zwischen "frühkindlicher Autismus", "Asperger-Syndrom" und "atypischer Autismus". Die Stadtmission Nürnberg geht von etwa 17 800 Betroffenen in Mittelfranken aus. Eine Person ist Ruka aus Nürnberg.

Ruka ist 32 Jahre alt und CAD-Zeichner. In der Freizeit schreibt Ruka Bücher, fotografiert und filmt gerne. Schon als Kind war Ruka besonders lärmempfindlich und hatte Probleme, soziale Signale wie Emotionen zu erkennen. Die Schulzeit war deswegen besonders hart. Oft wurde Ruka unterstellt, Regeln absichtlich zu missachten und ignorant zu sein: "Außerdem hatte ich große Probleme mit Ironie, Sarkasmus und Sprichwörtern".

Für viele Menschen aus dem autistischen Spektrum ist der Umgang mit Mitmenschen schwierig. Laut dem Verband "autismus Deutschland" ist es für Betroffene besonders schwer, soziale und emotionale Signale einzuschätzen und selbst auszusenden. Ruka ist seit 2015 als autistisch diagnostiziert, die Jahre davor "liefen noch als frühkindlicher Autismus".

Die hohe Reizempfindlichkeit führte als Kind bei Ruka in zu lauten und intensiven Situationen zu einem sogenannten Meltdown, einem Zusammenbruch. "Ich habe mich schreiend auf den Boden geworfen und mit den Fäusten auf den Boden geschlagen bis Hören und Sehen ausgefallen sind", berichtet Ruka von früher. Auch jetzt im Berufsleben ist es nicht einfach. Ruka ist zum Beispiel weniger belastbar als andere Menschen und nimmt Schmerzen viel stärker wahr.

Mehr Sichtbarkeit

Für Menschen aus dem autistischen Spektrum ist es sehr anstrengend, sich an ihr Umfeld anzupassen. Durch Maskieren versuchen die meisten ihre Einschränkungen zu verstecken und nicht aufzufallen, damit sie ganz normal in der Gesellschaft teilhaben können. Das kostet viel Kraft im Alltag.

Dieses "Verstecken" führt dazu, dass Menschen mit Autismus oft nicht gesehen werden. Der Weltautismustag soll daher unter dem Motto "Not Invisible" - auf Deutsch "nicht unsichtbar" - auf die Bedürfnisse autistischer Menschen aufmerksam machen und ihnen eine Stimme geben. Ruka wünscht sich dabei mehr Rücksichtnahme: "Dass die Leute verstehen, dass man wirklich Probleme hat und nicht schauspielert. Autismus ist keine Ausrede, um sich keine Mühe zu geben."