Stiftung hilft Angehörigen

Wenn ein geliebter Mensch psychisch krank ist

16.10.2021, 09:55 Uhr
Wenn es geliebten Menschen nicht gut geht, leiden die Angehörigen mit. Derzeit sind im medizinischen Bereich viele durch Überlastung gefährdet, psychische Probleme zu entwickeln.

© colourbox.de, NNZ Wenn es geliebten Menschen nicht gut geht, leiden die Angehörigen mit. Derzeit sind im medizinischen Bereich viele durch Überlastung gefährdet, psychische Probleme zu entwickeln.

Keine Hoffnung, Angst vor dem Augenblick, vor der Zukunft. Kein Antrieb, morgens aufzustehen, kein Interesse an der Umwelt. Lähmende Gedanken, die sich immerzu im Kreis drehen. So kann sich eine psychische Krankheit anfühlen - oder auch ganz anders. Es gibt so viele Varianten. Was kann ein Angehöriger da tun, außer da zu sein, ansprechbar bleiben? Wer mit einem Menschen zusammenlebt, der psychisch krank ist, steht selbst unter einer Dauerbelastung. Weil der Handlungsspielraum so klein ist.

Die Menschen nicht alleine lassen

Hartmut Garreis kennt das Leben mit einem geliebten Menschen, der psychisch krank ist. Seine Frau litt unter Depressionen. Irgendwann konnte auch er nicht mehr, er war am Ende, brauchte Hilfe. Er fand sie in einer Klinik. Aber er hat nicht vergessen, wie er sich fühlte und er will andere Menschen in ähnlichen Situationen nicht alleine lassen.

Horst Schmidbauer gehört dem Stiftungsbeirat an, Hartmut Garreis ist Vorsitzender der Stiftung Angehörige psychisch Kranker. Ralf Bohnert vom Krisendienst Mittelfranken arbeitet eng mit der Stiftung und dem Verein Angehörige und Freunde psychisch Kranker in Mittelfranken zusammen.

Horst Schmidbauer gehört dem Stiftungsbeirat an, Hartmut Garreis ist Vorsitzender der Stiftung Angehörige psychisch Kranker. Ralf Bohnert vom Krisendienst Mittelfranken arbeitet eng mit der Stiftung und dem Verein Angehörige und Freunde psychisch Kranker in Mittelfranken zusammen. © Gabi Eisenack, NNZ

Der Verein Angehörige psychisch Kranker, der seit 1993 besteht, hat im Jahr 2002 die Stiftung gegründet. Sie ist gemeinnützig, finanziert sich durch Spenden und wird ehrenamtlich geleitet. Ihr Vorsitzender ist Hartmut Garreis.

Die Stiftung unterstützt die Betroffenen dabei, ihren Alltag zu bewältigen. So finanzierte sie beispielsweise Nachhilfestunden für ein Mädchen, dessen Eltern psychisch krank sind. Sie bezahlt eine Handwerkerrechnung oder übernimmt die Kosten für eine neue Brille. "Manchmal bekommen wir auch Anträge, ob wir eine Tierarztrechnung übernehmen können", sagt Hartmut Garreis. Zwischen 150 und 400 Euro liegen die Beträge, mit denen die Stiftung die Menschen in schwierigen Lagen unterstützen kann.

Enorme Belastung

"Wenn die Angehörigen psychisch Kranker nicht stärker unterstützt werden, werden auf die Gesellschaft noch mehr psychisch Kranke zukommen", sagt Hartmut Garreis. "Die Belastung ist enorm. Doch schon kleine Handreichungen sind mehr wert, als wir uns vorstellen können." Er weiß, wie sich die permanente Sorge anfühlt, die Atemlosigkeit, die andauernde Anspannung. Er musste sich nicht nur um seine schwer depressive Frau kümmern, sondern auch um die beiden Kinder, musste die Familie ernähren. "Es wird immer der Kranke gefragt, wie es ihm geht. Aber selten der Partner und die Familie."

Eine Auszeit zu nehmen, ist kaum möglich. Und genau die wäre so wichtig. Deshalb möchte die Stiftung Angehörigen gerne etwas Freiraum verschaffen. "Es darf nicht so weit kommen, dass sie auch zusammenbrechen. Es wäre schön, wenn es jemanden gäbe, der einfach mal da ist", sagt Garreis. Wenn der Angehörige einkaufen gehen muss. Oder einfach mal einen Spaziergang machen möchte, eine Tasse Kaffee in Ruhe trinken. "Wenn wir mehr Mittel hätten, könnten wir eine stundenweise Betreuung bezahlen. Oder vielleicht sogar mal für ein Wochenende." Um solche Angebote machen zu können, ist die Stiftung auf Spenden angewiesen.

Angst vor der Zukunft

Auch Ralf Bohnert vom Krisendienst Mittelfranken kennt die Situation der Betroffenen aus jahrelanger Erfahrung. Die Angehörigen, sagt er, stünden sehr unter Druck. Da sind Eltern, in den 70ern, mit einem psychisch kranken Kind, 50 Jahre alt. Was wird, wenn sie einmal nicht mehr sind? Solche Gedanken machen Angst. Der Kontakt zwischen dem Krisendienst und dem Verein Angehöriger und Freunde psychisch Kranker ist sehr eng. Beide haben im selben Gebäude in der Hessestraße 10 ihren Sitz.

Immer noch ein Tabu

Die Hilfe, sagt Bohnert, müsse niedrigschwellig sein. "Uns können die Menschen nicht nur anrufen, sie können auch einfach zu uns kommen." Derzeit müssen freilich die aktuellen Corona-Vorgaben eingehalten werden.

Horst Schmidbauer, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter, gehört dem Stiftungsbeirat an. Er wünscht sich, dass das Thema psychische Krankheit endlich aus der Tabuzone geholt wird. "Es ist immer noch zu sehr mit Schuld und Schamgefühlen behaftet."

Wer die Stiftung Angehörige psychisch Kranker unterstützen möchte, findet Informationen unter https/stiftung-apk-mittelfranken.de

Der Krisendienst Mittelfranken ist täglich 24 Stunden telefonisch erreichbar unter: 0800 655 3000 oder 0911 42 48 55 0. Angeboten werden auch Hausbesuche und eine Onlineberatung.