Riskante Überholmanöver: B13 wird zur Todesfalle

16.3.2018, 09:04 Uhr
Riskante Überholmanöver: B13 wird zur Todesfalle

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Eine lange, blecherne Schlange zieht bei Lehrberg im Landkreis Ansbach ihre Bahnen. Den Kopf der Schlange auf der Bundesstraße 13 bildet ein Schwerlasttransporter, gefolgt von zehn Autos. Es ist der 1. Juli 2012. Im letzten Pkw der Schlange, dem Schlusslicht, zeichnet eine kleine Kamera (Dashcam) den mit rund 70 Kilometer pro Stunde rollenden Korso auf.

Polizeidirektor Heinz Prießmann, Leiter der Inspektion in Ansbach, macht auf den silbergrauen Ford Focus aufmerksam, der im Film direkt vor dem Betrachter fährt. "Achten Sie auf den!" Kurz darauf schert der Wagen aus, leitet mitten in der Kurve ein Überholmanöver ein. Hier lässt die Sicht nur wenige Meter zu, die Kontrolle, ob Gegenverkehr naht, ist so gut wie unmöglich. Dennoch passiert der Ford einen Wagen nach dem anderen, um an die Spitze zu gelangen.

Plötzlich kommt Gegenverkehr: Ein Schwertransporter taucht auf. Alles geschieht in Sekundenbruchteilen. Der Truck und weitere betroffene Verkehrsteilnehmer fahren so nahe wie möglich an den Rand. Doch Leitplanken auf beiden Straßenseiten setzen Grenzen. Nur wenige Zentimeter hat der Ford Platz und quetscht sich durch. Im Korso wird plötzlich scharf gebremst, es kommt glücklicherweise nur zu einem Auffahrunfall. Dem Fordfahrer blühte allerdings eine saftige Geldstrafe, außerdem musste er den Führerschein abgeben.

Ungeduld im Spiel

"Es hätte aber auch anders ausgehen können", sagt Ludwig Hasenmüller, Verkehrssachbearbeiter der PI Ansbach. Vor allem auf der B 13. Denn die ist seit dem Bau zur Umgehungsstraße in den zurückliegenden Jahren zu einem Unfallschwerpunkt geworden. Zuletzt kam es am 23. Februar dieses Jahres hier bei Lehrberg zu einem schweren Zusammenprall mit tödlichen Folgen. Auch hier war Ungeduld im Spiel, der Druck, der zur (falschen) Entscheidung führte, ein riskantes Überholmanöver anzusetzen.

Zwei Wagen prallten frontal zusammen, drei Personen wurden schwer verletzt. Ein 18-Jähriger musste per Rettungshubschrauber in eine Klinik transportiert werden. Fünf Tage später verstarb der junge Fahranfänger an den Unfallfolgen.

In fünf Jahren, so Hauptkommissar Hasenmüller, hat es in Stadt und Kreis Ansbach 127 Unfälle gegeben, die auf riskantes Überholen zurückzuführen sind. "Sieben Menschen ließen dabei ihr Leben." Was aber viele nicht wissen: Selbst halsbrecherische Überholvorgänge, die glimpflich ausgehen, können den Straftatbestand des Paragrafen 315 c Strafgesetzbuch "Gefährdung des Straßenverkehrs" erfüllen, wie das Beispiel des Fordfahrers zeigt.

"Wir sprechen dann nicht davon, dass man den Führerschein nur abgibt und nach einem definierten Zeitraum wieder abholt", sagt Staatsanwalt Jonas Heinzlmeier. Vielmehr werde die Fahrerlaubnis komplett vernichtet. Nach einer mehrmonatigen Sperrfrist könne der Betroffene sie wieder beantragen.

Die Sicht muss frei sein

"Ob er dafür eine Fahrprüfung ablegen oder sich einer Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung (MPU; Anm. d. Red.) stellen muss, entscheidet die für ihn zuständige Verwaltungsbehörde."

Die Bundesstraße 13 aber ist nach Ansicht der Polizei ein besonderes Pflaster. "Durch die Topografie der Landschaft sind die Kurven der neu gebauten Fahrbahn im Bereich Lehrberg langgezogen und unübersichtlich", beschreibt sie Ludwig Hasenmüller.

Dass hier abschnittsweise Überholverbot gilt, schreckt Verkehrsrowdys nicht ab, wie die Unfallstatistik zeigt. "Doch selbst wenn kein Verbot gilt, darf ich nur überholen, wenn die Sicht frei ist."

Dass Verbotsschilder alleine nicht reichen, zeige die Erfahrung, so Dienststellenleiter Heinz Prießmann. "Es ist wie mit der Katze und der Mikrowelle — jeder sollte verinnerlicht haben, dass ein Haustier nicht in das Küchengerät gehört. Muss das erst offiziell verboten werden?" Es gehe um das eigene Verhalten. Jeder geringste Zweifel am gefahrlosen Überholen müsse dazu führen, das Manöver zu unterlassen.

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