Dürrenmungenau: Der Wettkampf der Kartoffeln

6.10.2020, 14:56 Uhr
Dürrenmungenau: Der Wettkampf der Kartoffeln

© Foto: Jürgen Leykamm

Sie heißen "Pocahontas" oder "Madeira", "Melody" oder "Darling". Und sie haben alle eines im Sinn: als Kartoffel für den Anbau empfohlen zu werden. Wer es von ihnen schafft, das verraten die staatlichen Landessortenversuche wie jener bei Dürrenmungenau. Dort stellt Landwirt Georg Bernreuther einen Teil seiner Felder seit 27 Jahren für die Versuchsreihe zur Verfügung. Beim manuellen Ernten gab es dort etliche rote Augen zu sehen.

Aber nicht deswegen, weil die Ergebnisse so schlimm ausgefallen wären – erfahrungsgemäß ist das Gegenteil der Fall. Ebenso wenig hat den einsatzerprobten Helfern das anstrengende Klauben die Tränen in die Augen getrieben.


Kartoffelindustrie kämpft mit Corona-Folgen


Vielmehr gehören die nur vermeintlichen Sehorgane in besagter Farbe einer "Erdbirne" namens "Quarta". Einer der großen Lieblinge der hiesigen Bauern sowie eines regionalen verarbeitenden Unternehmens und deshalb auch weit verbreitet.

Im vergangenen Jahr kam sie zu ganz großen Ehren und wurde zur "Kartoffel des Jahres gewählt". Beim Landessortenversuch (LSV) unweit des Abenberger Ortsteils hat die letztjährige Siegerin starke Konkurrenz. Fast 50 Erdknollen buhlen hier um die Gunst der Prüfer. Die schärfsten prüfenden Augen gehören dabei Jürgen Hufnagel vom Fachzentrum Pflanzenbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Ansbach. Eine Behörde, welche die Sortenempfehlungen nach dem Test auch ausspricht.

"Wir haben hier ein sehr großes und gutes Spektrum", erläutert Hufnagel im Pressegespräch vor Ort. Und sie alle bekommen ihre Chance – aber eben nicht beliebig oft. "Wer in drei Jahren in Folge ein schlechtes Prüfergebnis hat, der fliegt hier raus", so der Pflanzenbauberater. Auf den Ackerflächen wird dabei genau ausgetüftelt, welche Sorte wo liegt. Dreimal ist jede pro Versuch vertreten. Für Beliebigkeit ist da kein Platz.

Alles nach Vorgaben

"Da gibt es genaue Vorgaben – das Legen der Kartoffeln erfolgt nach ganz bestimmten Schemata." Sagt Wolfgang Miederer als Fachberater für Versuchswesen vom AELF Würzburg. "Das Prüfverfahren sorgt für eine hohe Diversität", bestätigt Renate Brunner, Pflanzenbauberaterin am Rother Landwirtschaftszentrum.

"So kommen immer wieder neue Kartoffelsorten hinzu. Viele alte aber können bei den Empfehlungen weiter berücksichtigt werden. Manche sind bereits seit 20 Jahren im Anbau."

Nicht umsonst gilt unsere gesamte Region als "Kartoffelhochburg", wie Werner Wolf als Leiter jenes Zentrums betont. "Um die 60 Sorten werden bei uns angebaut – auf sandigem Boden ist die Kartoffel einfach eine Leitkultur."

 

 

Aber dass sie mit einer solchen Vielfalt glänzen kann, "ist hauptsächlich den Landessortenversuchen zu verdanken", unterstreicht Brunner. Nicht ohne Grund, sind doch genau diese immer wieder mal in der Kritik und es wird der Ruf nach Zentralisierung laut. Was aber nach den Experten keinen Sinn macht, da sich nur standortgemäße Aussagen treffen ließen.

Herzblut 

Derzeit gibt es 32 Betriebe im Landkreis, die auf jeweils über zehn Hektar Kartoffeln anbauen – der größte verfügt über 36. Die Feldfrucht "passt einfach in unsere Region", sagt Wolf – und ist dabei stolz auf die Landwirte. "Da steckt wirklich viel Herzblut drin", sagt Georg Bernreuthers Sohn Heiko, der mittlerweile die LSV-Flächen betreut. Auch ihm als Kartoffelbauern schmeckt die Corona-Krise nicht, fällt ihr doch etwa der Kartoffelmarkt in Röttenbach zum Opfer.

Wie so viele setzt Heiko Bernreuther auf Direktvermarktung und legt nicht nur beim Anbau Wert auf Qualität, sondern auch bei der Lagerung: "Wir bürsten die Kartoffeln und lagern sie dunkel und kühl." Im Supermarkt hingegen lägen sie in gewaschener und damit leichter verderblichen Form in den Regalen, wo es zudem eher hell und warm ist. "Die Kunden, die dort zugreifen, wissen gar nicht, was ihnen entgeht", kommentiert das Brunner: "Lieber direkt auf den Höfen kaufen!" Wo, das verrät ein regelmäßig neu aufgelegter Flyer des AELF Roth.

Wasser für die Äcker

Auch Bernreuther als erfolgreicher Kartoffelbauer muss dem Klimawandel übrigens mehr und mehr Tribut zollen. Bereits ein Drittel seiner Kartoffeläcker versorgt er durch Tröpfchenbewässerung mit dem lebenswichtigen Nass. In Trockenjahren wie 2019 lohnt sich das besonders: "Im vergangenen Jahr waren die Erträge auf jenen Flächen doppelt so hoch wie auf den unbewässerten". Heuer sei ein eher gutes Kartoffeljahr, da das Wetter mitgespielt habe, sagt Bernreuther, während die 20 Helfer aus den verschiedenen Ämtern fleißig weiter klauben – insgesamt zwei Tage lang. Alles geht per Hand. Maschineneinsatz verbietet sich bei Versuchsreihen.

Legen und klauben wie noch vor einigen Generationen, als die Landwirtschaft vor allem im Kartoffelanbau "sehr aufwändig und arbeitsintensiv war", so Wolf voller Respekt. Eine kleine "Belohnung" dafür gibt es aber noch: das Testessen im Ansbacher Amt. Denn was eine gut geprüfte Kartoffel sein will, bei der muss neben Ertragsmenge und Qualität natürlich vor allem der Geschmack überzeugen. Und dann heißt es für "Bernina" und "Belmonda", für "Jule" und "Juventa" noch einmal, alles zu geben.

Keine Kommentare