Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth: Ein professioneller Begleiter

31.10.2020, 06:31 Uhr
Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth: Ein professioneller Begleiter

© Foto: WWerner Krueper/epd

2008 ist Agathe Meixner dem Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth beigetreten, seit 2013 fungiert sie als dessen Vorsitzende. Gerade deshalb wisse sie: "Verzweiflung im Angesicht des Todes – die kommt immer hoch."

Doch ein Gewöhnungseffekt? - Nein, der habe sich bei ihr in all den Jahren nie eingestellt. Wie auch? "Jeder Mensch ist anders. Jede Situation ..." An deren Anfang stehe für sie nach wie vor die Frage: "Was erwartet mich?" Und: "Ganz viel Demut". Die hätte sich irgendwann dazu gesellt: Demut vor dem Leben sowie vor dessen Ende.

Kein Lippenbekenntnis

Warum sich Agathe Meixner dem Tod widmet, hat eine Geschichte. Eine persönliche. Die Heideckerin wurde Zeugin eines langwierigen Sterbeprozesses, "wie er lieber nicht verlaufen sollte". Null Kommunikation über das Unvermeidliche, stattdessen Verdrängen auf allen Ebenen. Das sei sowohl für die Betroffenen selbst, als auch für deren Umfeld schlimm gewesen, "sehr, sehr schlimm". Damals habe sie sich geschworen: "Ich will mich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen."

Kein Lippenbekenntnis: Agathe Meixner agiert seit nunmehr zwölf Jahren als Sterbebegleiterin. In dieser Zeit sei vieles gewachsen auf dem Feld des Hospiz- und Palliativwesens. Auch im Landkreis Roth.

So kann der Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth e.V. seine Gäste mittlerweile in helle, freundliche Räume bitten, wo auch monatlich ein Trauercafé vonstatten und einmal pro Jahr eine Trauergruppe an den Start geht; wo Hospizbegleiter-Kurse und Einzelgespräche angeboten werden. Unter anderem.

Neues Domizil

Bezogen hat man das Rother Domizil in der Norisstraße vergangenes Jahr – nachdem die alte Bleibe nahe der Kulturfabrik für die wachsende Zahl an Aktivitäten und Hospizbegleitern zu klein geworden war. Das zeuge von "Professionalisierung", sagt Dieter Steger (57), der selbst ein wesentliches Merkmal dieser Professionalisierung ist.

Denn Steger arbeitet – nach zähem Ringen mit den Krankenkassen (wir berichteten) – seit 2017 hauptamtlich für den Verein. Als "Hospizkoordinator" laufen bei ihm die Fäden zusammen, die inzwischen ein engmaschiges Netz bilden.

Eines, das Menschen am Ende ihres Weges sowie deren Angehörige auffängt. Gehalten von Idealismus und Ehrenamtlichkeit. Das sind die Eckpfeiler – und das Fundament. Schon damals, als der hiesige Verein 1998 im Hilpoltsteiner Hofmeierhaus aus der Taufe gehoben wurde und die Botschaft an Schwerstkranke und Sterbende aussandte: "Wir sind für euch da!"


Bestatter Sebastian Gruber aus Roth: Der Tod als täglicher Begleiter


Daran hat sich zwar nichts geändert – nach wie vor kümmern sich 30 Frauen und Männer im Landkreis Roth auf ehrenamtlicher Basis um ein würdevolles Ableben und Abschiednehmen ihrer Schutzbefohlenen – doch drumherum leistet nun auch ein sich entwickelndes palliativ-medizinisches Angebot der "Lebensqualität am Lebensende" Vorschub.

Angehörige entlasten

Also: "Mehr Mut!", plädiert Agathe Meixner vor solchem Hintergrund. "Mehr Mut, sich beizeiten mit dem Tod zu arrangieren." Doch dieses Arrangement beginne nicht erst mit einer einschlägigen Diagnose, nein. So stünde der Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth auch als Berater zur Seite, wenn es um Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung geht. Für den Fall der Fälle. "Keiner ahnt schließlich, ob er nicht im nächsten Moment direkt betroffen ist", begründet Meixner das Angebot.

Was überdies nur wenige wüssten: "Wir sind auch da, um Angehörige zu entlasten" – Pflegende, die sich nach ein paar Stunden Schlaf sehnen würden, nach einem Spaziergang oder einem Gespräch, so Dieter Steger. "Wir sitzen nicht ausschließlich am Bett und halten Hand ..."

Aber das auch, natürlich. Durchschnittlich 200 Stunden pro Monat würden die Hospizbegleiterinnen und -begleiter im Landkreis für sehr kranke und sterbende Menschen da sein. Anruf genügt. Zwei der Ehrenamtlichen verfügen zusätzlich über eine spezielle Ausbildung für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen.

Was sie alle eint: Es seien Frauen und Männer, die sich zurücknehmen könnten, die "zuhören, Empathie zeigen und auch mal mit den Patienten lachen". Agathe Meixner kennt´s aus Erfahrung.

Großes Einsatzspektrum

Wo all das geschieht? Auf der Palliativstation der Rother Kreisklinik, in den Seniorenheimen und Behinderteneinrichtungen des Landkreises. Entsprechende Kooperationsvereinbarungen bestehen, erläutert Dieter Steger.

Oder aber man begleite die Leute zu Hause. Auch das ist möglich. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung von 2015 wünschen sich fast 80 Prozent der Deutschen, daheim zu sterben.

Dank Spezialisierter Ambulanter Palliativ-Versorgung (SAPV), für deren Realisation im Landkreis Roth und darüber hinaus sich der Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth stark gemacht hat, kann dieser Wunsch Wahrheit werden: Sobald ein Hausarzt aufgrund der Schwere der Erkrankung einen Anspruch feststellt und SAPV verordnet, schwärmt geschultes Fachpersonal aus (hier: SAPV Südfranken), um Patienten in deren eigenen vier Wänden medizinisch adäquat zu versorgen. Rund um die Uhr.

Hospiz in Aussicht

Fehle nur noch: ein stationäres Hospiz, also eine kleine Pflegeeinrichtungen mit familiärem Charakter für unheilbar Kranke. Das würde einen strukturellen Lückenschluss bilden, erklärt Agathe Meixner. Doch selbiges könnte auf Betreiben der Landkreise Roth und Weißenburg-Gunzenhausen schon bald Wirklichkeit werden. Ein entsprechender Antrag liege den Kassen jedenfalls vor.

So oder so aber gelte: "Ja, der Tod ist nach wie vor ein von Angst behaftetes Thema", weiß Meixner. Wer allerdings einen guten Umgang mit dem Sterben und der Trauer anstrebe – von der Betreuungsvorsorge über die konkrete Sterbebegleitung bis hin zur Begleitung der Hinterbliebenen – könne sich jederzeit mit dem Hospiz-Verein Hilpoltstein-Roth in Verbindung setzen, ermuntert die Vorsitzende. "Und zwar besser zu früh als zu spät ..."

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