Landkreis Roth: Beteiligungswille kam mit Einhorn und U-Bahn

23.11.2018, 17:09 Uhr
Landkreis Roth: Beteiligungswille kam mit Einhorn und U-Bahn

© Foto: Fugmann

Jugendzukunftswerkstatt. Das Wort löst bei Birgit Lang, kommunale Jugendpflegerin für den Landkreis Roth, mitnichten ein Gefühl der Enttäuschung oder Ernüchterung aus. Nach 21 Monaten und zig Veranstaltungen in 14 Kommunen lägen zwar "keine revolutionären Erkenntnisse" über die junge Generation oder bahnbrechende Innovationen für die Jugend auf dem Tisch, das stimme schon. Der vielfach geäußerte Wunsch nach eigenen Räumlichkeiten etwa, der sei alles andere als neu. Aber da wäre eben "noch so viel mehr":

Jungbürger und Politiker seien miteinander in Dialog getreten, die Youngster als mündiger Teil der Gesellschaft mit eigenen Bedürfnissen wahrgenommen worden; nicht zuletzt habe man bei der Jugend ein Verständnis für demokratische Prozesse geweckt.

Und begeistert ist Birgit Lang vor allem davon: "Der Beteiligungswille bei den Jugendlichen ist da!" Nun müsse "nur noch" das Kunststück gelingen, "dieses Mitmachenwollen in den Gemeinden zu halten..."

2014 war´s, als die erste Jugendzukunftswerkstatt in Kooperation von Kreisjugendring und ErLebenswelt Roth e.V. Premiere feierte. Damals sollten junge Menschen gemeinsam hirnen, wie ihr Landkreis jugendfreundlicher und damit attraktiver gestaltet werden könnte. Allerdings: "Wir haben gemerkt, dass dieses riesige Gebiet eine abstrakte Größe für die Teilnehmer war und darum wollten wir das Ganze nochmal auf die gemeindliche Ebene verlegen", erläutert Birgit Lang. Also Neustart.

Der erfolgte im März 2017 in Hilpoltstein. Von den 438 Teens zwischen 13 und 18 Jahren, die in der Burgstadt leben, waren zum Auftakt 37 erschienen, um über ihre Kommune ein jugendliches Wörtchen mitzureden - "Experten in eigener Sache" quasi.

Das Prozedere: Erstmal "gnadenlos" Kritik an den Gegebenheiten vor Ort üben, dann allen Was-wäre-wenn-Fantasien "schrankenlosen Lauf" lassen ("Vom Einhornpark bis zum U-Bahnanschluss"), um sich am Ende zu fragen: Was davon ist machbar?, erläutert Birgit Lang das Vorgehen.

Doch damit nicht genug: Die Resultate dieses kollektiven Brainstormings sollten den Vertretern aus Politik und Vereinsleben anschließend auch vorgestellt werden – ob im szenischen Spiel, am Flipchart oder als PowerPoint-Präsentation. "Dabei sind die Jugendlichen mit den Mandatsträgern und Verbandsvertretern natürlich ins Gespräch gekommen", freut sich Birgit Lang über "viele kreative Nachmittage".

Langer Atem nötig

Einen langen Atem mussten die Teenager jedoch mitbringen. Denn jede Jugendzukunftswerkstatt, stets als eintägiges Projekt angelegt, forderte an die acht Stunden Konzentration von den Teilnehmern. Nicht mitgerechnet: Die obligatorischen Nachtreffen, bei denen schließlich konkrete Aufgaben verteilt werden sollten. "Aber da war die Resonanz dann erfahrungsgemäß schon schwächer", weiß Birgit Lang.

Trotzdem hat das jugendliche Engagement in Hilpoltstein Form angenommen: So wird gerade ein Plan für Treffpunkte im öffentlichen Raum entworfen, während Kids aus Meckenhausen dabei sind, eine umfängliche Werbekampagne zugunsten des Anrufsammeltaxis zu konzipieren, nachdem sie sich von der Güte des AST überzeugt hatten. Und: Selbst organisierte Jugendpartys steigen seit Kurzem im Jugendtreff.

Exoten sind die "Hipperer" mit ihrem Aktionismus allerdings nicht. Auch in anderen Kommunen wurden Jungbürger rührig, nachdem sie sich in "ihrer" Jugendzukunftswerkstatt Gedanken gemacht hatten:

In Thalmässing konnten die Teens nicht nur großzügigere Öffnungszeiten im Jugendtreff durchsetzen, sondern sie haben gerade auch ihr Bolzplatzhäuschen in Eigenregie renoviert; in Georgensgmünd wurden die Begrenzungsplanken am Busplatz verschönert.

In Heideck, Abenberg und Greding, wo kein hauptamtlicher Jugendarbeiter Dienst tut, sucht man gerade aktiv nach passenden Räumen für die Jugendlichen, zumal die keinen Zweifel am Bedarf danach ließen. Und in Roth will man eine zweite Jugendzukunftswerkstatt auflegen.

Für Birgit Lang der multiple Beweis: Jugendliche und Kommunalpolitiker hätten das Projekt "ernst genommen" und bisweilen auch verfestigte Perspektive zurechtgerückt: "Jugendliche treten sonst ja eher auf den Plan, wenn sie Randale im Bushäuschen machen – hier sind sie nicht als Störenfriede, sondern als konstruktiv mitarbeitende Bürgerinnen und Bürger aufgetreten", skizziert sie den potenziellen Imagegewinn für Jugendliche.

Die hingegen hätten praktische Möglichkeiten erhalten, zu verstehen, wie Demokratie funktioniert: "Sie konnten am jeweiligen Beispiel sehen: Da geht was, aber das dauert halt seine Zeit; es geht was, aber das kostet auch oder etwas geht eben nicht – dann wurden Gründe benannt."

Unter all diesen Vorzeichen habe man die Kommunen und ihre Jungbürger nun "in die Selbstständigkeit entlassen": "Es sind viele Ideen gewachsen, jetzt muss vor Ort geschaut werden, dass was draus entsteht", sagt Birgit Lang.

Ob da nun öffentliche E-Bikes zum Ausleihen gefordert wurden, mehr Mitsprache bei der Stadtplanung, jugendgerechte Infos übers kommunale Geschehen, die Einsetzung eines Jugendbürgermeister oder die Umnutzung von Leerständen als Veranstaltungslocations – ein ums andere Mal sei das Projekt Jugendzukunftswerkstatt als Chance zu begreifen, insistiert Lang, die den Kommunen auch künftig beratend zur Seite stehe: "Das sollte eine Art Auftakt in den Gemeinden sein, um mit der Jugend in Kontakt zu kommen – jetzt will das gepflegt werden..."

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