Nach dem Überschlag auf der A9: Ein Ersthelfer spricht

22.1.2020, 16:18 Uhr
Nach dem Überschlag auf der A9: Ein Ersthelfer spricht

© Feuerwehr Allersberg

Am Dienstagvormittag war eine Autofahrerin auf der A9 bei Allersberg auf einen Sattelzug aufgefahren - daraufhin überschlug sich ihr Auto und blieb auf dem Dach liegen. Die Frau erlitt schwere Verletzungen, die Autobahn wurde für die Rettungsarbeiten gesperrt. Die bewegenden Worte, die Ersthelfer Michael Busch (Vorsitzender des Bayerischen Journalistenverbands BJV) jetzt auf Facebook gestellt hat und die dort auf große Resonanz stoßen, geben wir hier im Wortlaut wieder:

"Hallo Melanie oder Miriam, wir haben uns diese Woche kennengelernt. Naja, kennengelernt ist sicher übertrieben. Du hast am Dienstagmorgen auf der A9 einen schweren Unfall gehabt.

Dich hätten im Grunde noch mehr Menschen kennenlernen können. Doch dafür hätten sie anhalten müssen. Nicht nur die Warnblinkanlage einschalten, um sich über die Standspur an dem Unfallort vorbeizuschleichen.

Gegen sechs Uhr hattest Du den Unfall. Du wusstest nicht genau, ob Du einen Laster touchiert hast. Du wusstest nicht, dass Du Dich mit Deinem Wagen mehrfach überschlagen hast. Du hast das Vorbeifahren der vielen anderen Auto- und Lastwagenfahrer, die es offensichtlich sehr eilig hatten, nicht mitbekommen. Du hast auch nicht mitbekommen, dass ein paar von den vier Ersthelfern den Vogel gezeigt bekommen haben, weil sie sich an der Schlange der Nichthelfer vorbeischoben, um am Unfallort Dich kennenzulernen.

Es wurde denen der Vogel gezeigt, die im Gegensatz zu den Ignoranten schauten, ob in dem auf dem Kopf liegendem Auto weitere Verletzte sind, denjenigen, die mit der Wahl der 112 Feuerwehr und Rettungsdienst informierten. Den Helfern, die Dir Miriam oder Melanie aus dem Auto halfen, Dich versorgten und verbanden bis die professionellen Helfer da waren. Die im Übrigen mit Dir zusammen feststellten, wie langsam die Zeit vergeht, wenn man auf die Rettungskräfte wartet.

Du warst sehr tapfer. Hast auf die Ersthelfer gehört, die sich um Dich bemühten. Du hast nicht die Augen zugemacht, obwohl das ein sichtbarer Wunsch war, Du hast auf die Helfer gehört, die mit Dir sprachen. Du hast denen erzählt, dass Du nachts in Hamburg gestartet bist, dass Du Deinen Bruder anrufen wolltest. Du hast Deine Augen nicht geschlossen, obwohl Du sicher einen anderen Plan für diesen Tag hattest.

Andere haben ihre Augen verschlossen und sind mit offenen Augen an dem auf dem Kopf liegenden Auto vorbeigefahren, an einer Person, nämlich Dir, die Hilfe gebraucht hätte. Und manche müssen etwas gesehen haben, denn mit dem Handy wollten sie Erinnerungen mitnehmen, Gafferfotos. Es war gut, dass wir uns kennengelernt haben. Wenn auch nur kurz.

Es war gut, weil es zeigt, wie wichtig es ist 1. Hilfe zu leisten. Und es ist umso wichtiger, um denjenigen, die vorbeifahren auch mal zu sagen: Ihr habt was verpasst. Nein, nicht Melanie oder Miriam. Ihr habt Menschlichkeit verpasst. Ihr habt verpasst, einer Selbstverständlichkeit nachzukommen.

Dank an die Profis. Ich weiß nicht, ob Bayerisches Rotes Kreuz oder ASB Bayern, Feuerwehr Allersberg oder Feuerwehr Hilpoltstein - ihr gebt den Dank sicher richtig weiter."

Auf Nachfrage der RHV erklärte ein Sprecher der Verkehrspolizei dazu, es komme bedauerlicherweise immer wieder vor, dass Autofahrer, die zu Unfallstellen kommen, nicht anhalten um zu helfen, sondern weiter fahren. Auch Beleidigungen gegen Ersthelfer seien ein häufiges Phänomen. Bei dem konkreten Unfall vom Dienstag auf der A9 seien jedoch keine derartigen Vorfälle im Polizeiprotokoll verzeichnet.

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