Stadtmarke Roth: "Der Stolz auf die Stadt fehlt"

17.10.2020, 13:00 Uhr
Stadtmarke Roth:

© Foto: Yevheniia Frömter

45 Bürger im Saal der Kulturfabrik und rund 60 Zuschauer online verfolgten die Zusammenfassung der von der Agentur Imakomm AKADEMIE aus Aalen und der Werbeagentur ATTACKE aus Ulm bislang ausgewerteten Daten.

Im vergangenen Jahr waren mit der öffentlichen Auftaktveranstaltung, einem Bürgerworkshop, einer Umlandbefragung, Experteninterviews und der Arbeit der Steuerungsgruppe bereits einige Formate der Bürgerbeteiligung abgeschlosssen worden. Im Januar 2020 folgte dann die große Bürgerbefragung mit überraschend vielen Rückmeldungen. Über 1400 ausgefüllte Fragebögen galt es anschließend auszuwerten.

Warum das Ganze? Ganz einfach: Roth hat ein Imageproblem und will sich im Wettbewerb der Städte zeitgemäß positionieren. Deshalb suchte sich die Stadt professionelle Hilfe von außen.

Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern wird nun nach einem Markennamen gefahndet, der positive Bilder im Kopf entstehen lässt, sobald von Roth die Rede ist. Denn: "Eine Stadtmarke ist nur dann erfolgreich, wenn sie auch von einer breiten Basis getragen und vor allem gelebt wird", betonte Projektbegleiter Dr. Peter Markert. Und dazu bedürfe es eben einer größtmöglichen Schnittmenge.

Wenig Selbstbewusstsein

Markert und seinem Team sei bei der Auswertung aufgefallen, dass Roth nicht so schlecht dastehe, wie es die Bürger empfinden. Roth habe "unglaublich viele Stärken" – im Hinblick auf Geschichte, Naherholung, zentrale medizinische Einrichtungen, Sportevents, Schloss Ratibor – und verfüge über ein reges Kultur- sowie Vereinsleben.

Doch: "Der Stolz auf die Stadt fehlt", so ein niederschmetterndes Ergebnis aller Umfragen. Er fehlt, weil "entweder die Stärken zu wenig erkannt werden, noch wichtig genug scheinen". Die Umlandbewohner hingegen würden mehr Substanz sehen.

Ärgernis Marktplatz

Und noch etwas hat Markert bemerkt: "Ich habe kaum jemals zuvor eine Stadt vorgefunden, deren Wohnzimmer, also der Marktplatz, von den Bürgern als so unattraktiv empfunden wird, wie in Roth".

Zudem, auch das will Markert noch nie erlebt haben, seien die Bürger wenig überzeugt von sich und ihrer Stadt. Dringend empfiehlt das Projektteam folglich: "Roth muss sich zunächst selber aufrichten".

Roth sei nämlich in keinster Weise "tot". Der Draht, mit dem Roth aktuell werbe, sei nicht eingestaubt, sondern ein High-Tech-Produkt. Die Geschäfts-Leerstände wären zudem nicht höher als in vergleichbaren Orten. Auch verfüge Roth über einen Hafen, könne mit dem Triathlon, dem Schloss, der Venetianischen Straße werben und anderes mehr.

"Roth ist unterschätzt"

Markerts Fazit: "Roth ist die unterschätzte Stadt in Franken, die die Menschen bewegt". Dabei könne die Stadt mit den Attributen aktiv, sozial engagiert und gastfreundschaftlich sehr gut punkten. Habe jedenfalls die Auswertung der Befragungen ergeben.

Ergo wurden die Markenelemente und die Vision durch das Projektbüro weiter verdichtet. Man habe überlegt, wie eine Marke erlebbar werde. Gastfreundschaft könne beispielsweise ausgedrückt werden, indem Neubürger von der Stadt zwei rote Drahtherzen für den Vorgarten erhalten. Soziales Engagement könne gelebt werden, wenn benachteiligte Bürger von Gastronomen bewirtet oder von der Stadt in die Museen eingeladen werden. Und aktiv? Etwa mit einem "Roth-bewegt-Tag"!

Bezug ist 40 Jahre alt

Aber es gehe vor allem um das große Ganze, um das Alleinstellungsmerkmal. Hier war nun Oliver Fischer von der Werbeagentur ATTACKE gefragt. "Roth. Voll auf Draht" werde gerade von jungen Leuten und Besuchern kaum wahrgenommen, wie die Umfrage gezeigt hätte. Zumal die Doppeldeutigkeit "Voll auf zack" noch aus den 1980er Jahren stamme.

Für eine Marke sei die emotionale Ansprache wichtig. Die fehle jedoch völlig, sagte Fischer.

Seine Vorschläge fürs Erste: "Roth. Bewegt mehr als du erwartest". Oder: "Immer herzlich. Oft unterschätzt". Vielleicht noch: "Heimlich herzlich. Unheimlich unterschätzt". Oder gar "So herrlich (un)fränkisch". Es gehe darum, mit wenigen Worten die Neugierde zu wecken, Spannung aufzubauen.

Kaum bekannt

Mit diesen Vorschlägen beschäftigten sich die Anwesenden dann in der Diskussion und im Chat. Durchaus kontrovers. Dabei wurde auch festgestellt, dass der bisherige Slogan "Voll auf Draht" im Jahreslauf bislang zuwenig "bespielt" worden sei. Zudem könnten Auswärtige mit dem Begriff zu wenig anfangen.

"Identität first!", müsse die Marken-Strategie für die nächste Zeit lauten.

Bis zum 23. Oktober ist auf der Online-Seite der Stadt eine Umfrage freigeschaltet. Stadtseite. Die mit dem Projekt betrauten Agenturen werden dann die zusätzlich eingegangenen Anregungen einarbeiten und an der grafischen Umsetzung beginnen. Zusätzlich werden dann schon einzelne Kampagnen ausgearbeitet. Finalisiert wird die Stadtmarke Anfang des kommenden Jahres mit einem Stadtratsbeschluss.

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