Familiäre Spurensuche in London und Schwabach

26.8.2016, 08:31 Uhr
Familiäre Spurensuche in London und Schwabach

© Foto: Wilhelm

Elan Hertzberg ist ein Urenkel des letzten Schwabacher Rabbiners Dr. Salomon Mannes. Und deshalb sind London und Schwabach wichtige Ziele. In Schwabach hat Mannes das Distriktrabbinat geführt. Bis auch er vor den Nazis fliehen musste. 1935 ging er mit seiner Frau Clara zunächst nach Frankfurt am Main, 1938 retteten sich beide nach London.

Elan Hertzberg kommt an diesem Donnerstagvormittag nicht allein. Begleitet wird er von seinem Onkel, dem Rabbiner Michael Bar Lev, der in Pforzheim und Israel lebt. Bar Lev kennt Schwabach bereits.

Zuletzt hatte er im vergangenen Jahr an der Tür des neuen Jüdischen Museums feierlich die „Mesusa“ angebracht. Die Mesusa ist eine Schriftkapsel mit dem jüdischen Glaubensbekenntnis, das Symbol der Verbindung Gottes mit dem jeweiligen Haus.

Vor dem Jüdischen Museum erwarten Verena Ebersdobler, die stellvertretende Museumsleiterin, und Museumskuratorin Monika Berthold-Hilpert die beiden besonderen Gäste.

Hertzberg ist zum ersten Mal in Deutschland, spricht auch kein Deutsch. Der erste Eindruck hat ihn offenbar tief beeindruckt: „In so einem Land war ich noch nie“, sagt er auf Englisch. „Alles so sauber, und die Leute sind so freundlich. Schon der Zollbeamte am Flughafen hat gelächelt. Und Schwabach ist eine richtig schöne Stadt.“

Eine Stadt mit einer jahrhundertealten jüdischen Geschichte. „Hier hat die Familie Mannes gewohnt“, sagt Verena Ebersdobler und zeigt das Rabbinerhaus direkt gegenüber der Synagoge.

Am Grab in London

In London hat Hertzberg unter anderem das Grab seines Urgroßvaters besucht, in Schwabach steht er nun an dessen Wirkungsstätte. Sein Onkel hat Salomon Mannes als Kind noch kennengelernt. Von ihm hat er viel gelernt. „Er war ein Genie“, hatte er vor einem Jahr bei einem Festakt in der Alten Synagoge über seinen Großvater gesagt. Dr. Salomon Mannes beherrschte neben Deutsch und Englisch auch Aramäisch, Arabisch, Syrisch, Griechisch, Latein, Hebräisch und Persisch und unterrichtete in London selbst dann noch, als er bereits erblindet war. Der 1871 geborene Rabbiner starb 1960, seine Frau Clara zehn Jahre später.

„Amazing“, sagt Hertzberg immer wieder, was so viel wie einmalig oder auch überraschend heißt. Eine Überraschung ist es in gewisser Weise, dass er sich überhaupt für seinen Großvater interessiert. Denn bis ins junge Erwachsenenalter habe Religion für ihn keine Rolle gespielt.

„Das hat sich geändert, als ich Vater wurde“, erzählt er. Inzwischen hat er vier Kinder und lebt mit seiner Familie in Atlanta. „Dort haben wir eine der schönsten jüdischen Gemeinden in den USA.“

Seine Kinder besuchen jüdische Schulen. „Wir versuchen so zu leben, wie auch mein Urgroßvater das gewollt hätte.“

Das gilt auch für den Beruf. Früher hat er in Beverly Hills gewohnt. „Dass man dann ins Filmgeschäft geht, ist fast normal.“ Nicht normal aber sei, als religiöser Mensch eine eigene Produktionsfirma für Werbefilme zu leiten. „Das ist nicht so einfach.“ Am Sabbat, also am Samstag, arbeitet er nicht, was in der Branche eher unüblich ist. „Und ich achte darauf, dass es am Set immer koscheres Essen gibt.“ So lebt er einen sehr weltlichen Beruf sehr bewusst sehr religiös.

Bei seiner Schwabacher Spurensuche hilft ihm Monika Berthold-Hilpert. Sie hat einen Ordner mit den Ergebnissen ihrer Familienforschung mitgebracht und zeigt Elan Hertzberg unter anderem die Heiratsurkunde seiner Großmutter Recha. „Das stelle ich Ihnen gerne alles zusammen“, sagt die Historikerin.

„Das ist überwältigend“, bedankt sich Elan Hertzberg, „einfach großartig, was das Jüdische Museum leistet.“ Sein erster Besuch in Schwabach wird wohl nicht sein letzter sein. „Das muss ich unbedingt meinen Kindern zeigen.“

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