Kriseninterventionsteam des BRK steht rund um die Uhr bereit

28.12.2013, 09:30 Uhr
Kriseninterventionsteam des BRK steht rund um die Uhr bereit

© Karg

Die knapp zehnköpfige, ehrenamtlich tätige Gruppe um Jürgen Geißler, den Landesfachdienstführer Psychosoziale Notfallversorgung im Bayerischen Roten Kreuz, steht Menschen in Schwabach und im Landkreis Roth bei, die plötzlich mit einer emotional hoch belastenden Situation konfrontiert werden.

„Wir wollen unterstützend tätig sein, nicht missionieren. Wir wollen helfen, dass jemand wieder an die Bahn anknüpfen kann, aus der er eben geworfen worden ist“, erklärt Jürgen Geißler den Aufgabenbereich der Helferinnen und Helfer in Krisensituationen.

Es kann jeden aus heiterem Himmel treffen: Plötzlich sieht man sich einer hoch belastenden Situation gegenüber. Der Unfalltod eines Angehörigen, ein nahe stehender Mensch, der seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hat, jemandem wird Gewalt angetan, die stundenlange Suche nach einem vermissten Angehörigen zehrt immens an den Nerven, jemand stirbt plötzlich und unerwartet: Dies alles sind Ereignisse im menschlichen Leben, denen man urplötzlich ausgesetzt sein kann.

Ohne jede Vorwarnung, ohne Gelegenheit, sich auf die Krisensituation angemessen vorbereiten zu können.

Um Mitmenschen in derartigen Ausnahmesituationen angemessen beistehen zu können, sind die KIT-Mitglieder ausgebildet worden. Alles auf freiwilliger, ehrenamtlicher Basis. Tod, Trauer und Psychologie sind einige Themen, die in der 16-stündigen Grundausbildung und der folgenden 80-stündigen Fachdienstausbildung Schwerpunkte bilden.

Schweigen oder schreien: Alles haben die KIT-Mitglieder bereits erlebt, wenn sie dabei sind, wenn etwa ein Polizeibeamter eine Todesnachricht zu überbringen hat. „In einer nicht normalen Situation ist dann jede Reaktion normal“, fasst Jürgen Geißler die Erfahrungen zusammen.

Einsatz wird von der ILS koordiniert

Alarmiert wird das KIT-Team von der Integrierten Leitstelle mit dem Sitz in Schwabach. Die Leitstelle (Notrufnummer: 112) koordiniert die Einsätze des Rettungsdienstes sowie der Feuerwehren. Genauso wie Notarzt oder Rettungswagen gehört das rund um die Uhr erreichbare Kriseninterventionsteam zu den Hilfskräften, die die Leitstelle einsetzen kann. Die Ersthelfer vor Ort und auch die Polizei wissen von der Möglichkeit, die speziell geschulten Kräfte des KIT beiziehen zu können.

In der Regel ist das KIT dabei, wenn ein Polizeibeamter eine Todesnachricht zu überbringen hat. Der Polizist geht nach Erledigung der Formalien wieder, doch der KIT-Mitarbeiter oder die -Mitarbeiterin bleiben, haben Zeit, hören zu, können Ratschläge geben, wo man sich weitere Hilfe holen kann.

„Oft genug nimmt man den betroffenen Angehörigen, der seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann, erst einmal tröstend in den Arm. Das zu tun, was für den anderen wichtig und richtig ist, ist unsere Aufgabe“, so Jürgen Geißler. Wichtig ist es auch, Betroffenen in Ruhe Abläufe zu erklären, etwa dass eine Bestattung erst möglich ist, wenn die Staatsanwaltschaft die Leiche freigegeben hat. Oder an wen man sich wenden kann, um weitergehende Betreuung zu bekommen.

Netzwerk aufbauen

„Erste Hilfe für die Seele“, nennt es ein KIT-Mitglied im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir versuchen, mit den Betroffenen Strukturen aufzubauen, ihnen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind, sondern in der Regel ein Netzwerk von Freunden, Verwandten und Nachbarn haben, das stützen kann“, erklärt Geißler.

Aber auch den „Profis“ kann das KIT-Team beistehen. Wenn es darum geht, nach besonders belastenden Einsätzen das Erlebte aufzuarbeiten, darüber zu reden. Jürgen Geißler verweist in diesem Zusammenhang auf aktuelle Statistiken. Demnach leiden immerhin gut 40 Prozent der in der Krankenpflege Beschäftigten sowie 35 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom – immer wieder kommen Erinnerungen an dramatische Ereignisse hoch.

„Lassen Sie Ihre Gefühle zu, und versuchen Sie nicht, das Erlebte zu verdrängen“, heißt es in einem Informationsblatt des Kriseninterventionsteams.

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