Patient tot, Niere gesund

27.1.2012, 08:11 Uhr
Patient tot, Niere gesund

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Diese Meldung des Bayerischen Rundfunks (BR) wird im Schwabacher Stadtkrankenhaus und in der Rother Kreisklinik mit Skepsis, aber auch mit Nachdenklichkeit aufgenommen: Einerseits kämen derartige Fälle in den Häusern der Grundversorgung nur selten vor, andererseits sei auch Selbstkritik angebracht, warum so wenige Menschen zur Organspende bereit sind.

Es ist eine schreckliche Situation: Mit schwersten Kopfverletzungen wird ein junger Motorradfahrer ins Krankenhaus gebracht, aber als klar ist, dass sein Leben nicht mehr zu retten ist, müssen die Ärzte an andere Leben denken. „Das Gespräch über Organspende mit den Angehörigen eines gerade verstorbenen Patienten ist eins der schlimmsten überhaupt“, sagt Dr. Thomas Gall, Anästhesie-Chefarzt der Rother Kreisklinik. Aus zwei Gründen: „Weil man nicht nur Überbringer einer ganz schlechten Nachricht ist, sondern dann in Sekunden Entscheidungen verlangen muss.“

Das Schwabacher Stadtkrankenhaus gehört definitiv nicht zu den 40 Prozent Spendenverweigerern, kann Dr. Andreas Stegmaier, Chefarzt für Innere Medizin in der Klinik, sagen: Im vergangenen Jahr starb ein 70-Jähriger nach einer Hirnblutung, sechs Organe wurden transplantiert, berichtet der Chefarzt der Inneren Abteilung. Aber auch dort gelte, so Stegmaier, dass die meisten potenziellen Spender nicht nach Schwabach gebracht werden.

Erst in der vergangenen Woche hat am Stadtkrankenhaus eine ärztliche Fortbildung zum Thema „Organspende und Hirntoddiagnostik“ stattgefunden, zu der Dr. Stegmaier auch die niedergelassenen Mediziner im Einzugsbereich der Schwabacher Klinik eingeladen hat. Eine Repräsentantin der Deutschen Stiftung für Organtransplantation war dabei Referentin. Der Geschäftsführer des Stadtkrankenhauses, Klaus Seitzinger, sagte auf Nachfrage der Lokalredaktion, dass im Rahmen des laufenden Ethikprozesses an seinem Haus Organspende ein wichtiger Punkt sei. Organspende sieht Seitzinger neben allen juristischen Regelungen als gesamtgesellschaftliche und moralische Verpflichtung.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren, die Dr. Thomas Gall die Anästhesie-Abteilung der Rother Kreisklinik leitet, ist es dort zu einer Organentnahme nie gekommen. Denn die Patienten, die für eine Organspende in Frage kommen, sind zumeist Verkehrsunfallopfer mit schwersten Schädelverletzungen. Oder auch ein junger Sportler, der auf dem Fußballplatz umkippt — mit hypoxischen Hirnschäden, aber gesunder Niere, Leber oder Lunge. „Diese Patienten werden direkt von der Unfallstelle in die größeren Zentren gebracht.“

In der internistischen Abteilung der Kreisklinik sind Spenden häufiger. Trotzdem spricht Chefarzt Dr. Dirk Asshoff von einem „Dilemma“ und fasst sich an die eigene Nase: „Die Bereitschaft zur Organspende ist in Deutschland nicht so hoch wie anderswo— wo auch die Gesetzgebung klarer ist. Das wirkt sich aufs Klinikpersonal aus.“

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