Rea Garvey lässt es in Abenberg erst spät krachen

19.7.2016, 10:55 Uhr
Rea Garvey lässt es in Abenberg erst spät krachen

© Foto: Hans von Draminski

„Oh, meine Liebe. Bin ich laut genug? Kannst du mich hören, dort, wo du bist?“ – „Schwarz ist die Farbe der Haare meiner wahren Liebe. Sie hat das süßeste Lächeln, die zartesten Hände. Ich liebe den Boden, auf dem sie steht.“

Das sollte man schon einmal im Voraus festhalten: Auf deutsch wären Garveys Songs kaum zu ertragen. Aber er singt nunmal englisch, und da klingt alles natürlich viel cooler, nicht so abgeschmackt und rührselig. Außerdem sind die Leute ja auch nach Abenberg gekommen, um ein bisschen zu schmusen, ein bisschen heile Welt zu genießen, in ansonsten rauen Zeiten.

Bereits die Vorgruppe erfüllt diesen Wunsch. Der charismatische Frontmann Xavier D’Arcy begrüßt gut gelaunt in der „fucking beautiful countryside“ (frei übersetzt: „verdammt schöne Landschaft“). Er ist ein Hipster mit Dutt und Bulimie-Röhrenjeans, seine Musik ist leider recht abwaschbarer Pop von der Stange, aber der Mann hat eine gute Stimme und ein sympathisches Wesen – ein schöner Einstieg in einen lauen Sommerabend.

Energie und Witz

Dann kommt Rea Garvey, pompös in Szene gesetzt mit einem fallenden schwarzen Vorhang, und gibt erstmal Gas, schließlich ist das hier ja ein Rockkonzert. Musikalisch hat das Ganze dennoch vor allem in der ersten Hälfte einige Durchhänger. Der Frontmann selbst hängt nicht durch, er sprüht vor Energie und Witz. Was seine Auftritte bei der TV-Show „The Voice Of Germany“ so kurzweilig macht, kommt auch während des Konzerts zu tragen: Garvey ist ein Entertainer.

Schon zu Beginn bringt er die Leute zum Lachen: „Ich habe Abenberg gegoogelt.“ Er sei zwar schon einmal hier gewesen, hat man ihm gesagt, aber daran könne er sich nicht erinnern. So ist das im Leben eines Rock ’n’ Rollers: „Manchmal vergisst man Tage – manchmal vergisst man sogar Jahre.“ Später erzählt er spitzbübisch, er habe bei der Besichtigung der Abenberger Burg eine Ritterrüstung anprobiert, als die Aufpasserin gerade wegguckte.

Das passt alles wunderbar hinein in seine Mischung aus Schnulzen und Stadion-Rock, die in guten Momenten an Bruce Springsteen, in schlechten an Bon Jovi erinnert. Authentisch ist Rea Garvey trotzdem, man nimmt ihm voll und ganz ab, dass er als Musiker seinen Traum lebt. Dafür bedankt er sich beim Publikum – und spielt folgerichtig den Song, mit dem bei ihm alles anfing: „Supergirl“ – der erste Hit seiner Gruppe Reamonn.

Stark ist Garvey, wenn er das Tempo anzieht. Sein sehr irischer Gassenhauer „Can’t Say No“ reißt die Leute mit und zeigt, dass hinter dem topfitten und quicklebendigen Popstar doch so etwas wie ein ausschweifender, rebellischer Rocker lauert. Der Höhepunkt des Konzerts ist „Wild Love“ – ein hartes Riff, ein schräger Synthie-Sound, ein eingängiger Refrain. Einfach und gut, ein bisschen wie Franz Ferdinand oder die Beatsteaks. Hier kann auch endlich die Band glänzen. Man bekommt das Gefühl, dass da noch mehr Rock ’n’ Roll gegangen wäre, wenn man sie nur gelassen hätte.

So klingt der Abend mit drei Zugaben und einem pittoresk neben der Bühne aufgegangenen Mond aus. Nochmal zeigt Garvey sein Talent als Komiker, als er die Zugaben-Routine bei Konzerten auf die Schippe nimmt: „Wir gehen nach dem nächsten Song an den Rand der Bühne, dann flippt ihr alle aus. Dann warten wir noch ein bisschen, wie sich das gehört. Dann flippt ihr noch mehr aus und wir kommen wieder auf die Bühne.“

Ein im besten Sinne unterhaltsamer Abend vor malerischer Kulisse.

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