Spendenmarsch: Ein alternativer Weg im Kampf gegen Rechts

17.11.2014, 10:55 Uhr
Bei "Deutschlands unfreiwilligstem Spendenlauf" kamen mehr als 10.000 Euro für das Neonazi-Aussteigerprogramm Exit-Deutschland zusammen.

© News5 / Fricke Bei "Deutschlands unfreiwilligstem Spendenlauf" kamen mehr als 10.000 Euro für das Neonazi-Aussteigerprogramm Exit-Deutschland zusammen.

Wie kommt man auf die Idee, einen sogenannten Trauermarsch von Neonazis als Spendenlauf zu nutzen?

Fabian Wichmann: Wir haben nach alternativen Wegen gesucht, mit Demonstrationen von Neonazis umzugehen - also nicht einfach nur zu blockieren oder es zu ignorieren. Wir haben einen Weg gefunden, mit dem wir zum einen ein Zeichen gegen den Auftritt der Neonazis gesetzt haben und zum anderen dritte davon profitieren lassen konnten.

Der Erlös des Spendenlaufs ging an Exit-Deutschland. Ihr habt während des Laufs schon angedeutet, dass wohl mehr Geld zusammenkommt, als die anberaumten 10.000 Euro. Wie viel waren es denn?

Wichmann: Das kann ich so genau gar nicht sagen. Direkt nach dem Lauf sind nochmal 1000 bis 1500 an Spenden eingegangen. Aber wir haben noch nicht alles durchgerechnet - und wegen des Wochenendes ist wahrscheinlich auch noch nicht alles eingegangen.

Ihr habt die Strecke auch sehr kreativ ausgestaltet, mit Bodenmarkierungen und Bananencheckpoint. Hattet Ihr Probleme im Vorfeld?

Wichmann: Wir sind eigentlich vom schlimmsten Fall ausgegangen. Wir haben uns schon überlegt, wie wir das alles machen, wenn uns tatsächlich keiner an die Strecke lässt. Die Angst war aber völlig unbegründet. Die Polizei und relevante Akteure im Ort haben mit uns kooperiert und wir konnten im Vorfeld unser Ding durchziehen. Auch von den Wunsiedlern hatten wir Rückendeckung. Das kam natürlich auch daher, dass wir mit dem Bündis vor Ort schon im Vorfeld gesprochen hatten. Am Ende hatten wir viele Privatleute und auch einige Ämter auf unserer Seite und konnten die Strecke dann störungsfrei präparieren.

Wie haben denn die Neonazis auf die Umdeutung ihres Trauermarschs reagiert?

Wichmann: Die haben in keinster Weise auf das Drumherum reagiert und auch nicht Bezug darauf genommen. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die Neonazi-Veranstaltung als Trauermarsch angemeldet war. Dieser Rahmen schreibt eben vor, ruhig zu sein und sich nicht provozieren zu lassen. Auch in den Reden hat sich keiner dazu geäußert. Jetzt mit einigem Abstand finden sich vereinzelte Stimmen im Netz, die unsere Aktion mit Häme sehen, aber das macht gar nichts.

Der Veranstalter "Der dritte Weg" hat im Netz zumindest noch keinen Nachbericht zum Trauermarsch veröffentlicht. Weder auf der Homepage noch auf Facebook. Macht einen das ein bisschen stolz, wenn die Neonazis diesen Marsch wegen Eurer Aktion nicht so sehr als Erfolg verbuchen können, wie sie es gerne würden?

Wichmann: Es ist für den "Dritten Weg" nun sicherlich schwieriger diesen Marsch als Gewinn zu verkaufen, weil die Rechnung einfach negativ ausfällt. Es kann natürlich immer noch sein, dass in den nächsten Tagen noch irgendwas kommt, vielleicht machen die sich auch lustig über unsere Aktion. Das steht denen frei. Aber bisher haben sie die Aktion ziemlich unter den Tisch fallen lassen und das obwohl die Aktion im Vorfeld groß angekündigt war. Sogar mit Twitter-Ticker. Aber auch da haben sie sich lediglich einmal über den Bananenstand lustig gemacht.

Durch die Bank weg gab es viel Lob für "Rechts gegen Rechts" für diesen unfreiwilligen Spendenlauf. Braucht die Bewegung gegen Rechts mehr dieser Aktionen? Häufig fällt das Echo zu Gegenprotesten nicht so gut aus.

Wichmann: Das kann man so nicht sagen, denn jeder Gegenprotest ist immer abhängig von bestimmten Voraussetzungen, die gegeben sein müssen. Aber wir wollten in diesem Fall schon deutlich machen, dass man auch mit alternativen Methoden mit Neonazi-Demonstrationen umgehen kann. Aber das positive Feedback freut uns natürlich. Das haben wir übrigens auch von Leuten bekommen, die sich sonst nicht mit der Thematik auseinandersetzen - oder auch von einigen Frustrierten, die gemeint haben: "Wieso sollen wir noch was machen, die kommen doch sowieso immer wieder nach Wunsiedel." Denen konnten wir zeigen: Ja, das werden sie wahrscheinlich, aber wenn man sich dem mit einem gewissen Maß an Witz gegenüberstellt, wirkt das gleich ganz anders. Da konnten wir schon einige aus ihrer Resignation holen.

Jede Aktion hat ihre Trittbrettfahrer. Wäre das in Eurem Sinne, wenn es auch in anderen Städten unfreiwillige Spendenläufe geben würde, oder habt Ihr Angst, dass sich das auslutscht?

Wichmann: Das kann man so nicht sagen. Wenn da noch spannende Sachen draus entstehen, ist es doch gut. Wir haben auch damals mit den T-Shirts bei "Rock für Deutschland" versucht zu zeigen: Es geht auch anders. Und es gibt bestimmt noch viele andere Dinge, die man machen kann.

Es bedarf bei solchen Initiativen aber immer einer professionellen Begleitung und einen guten Weg ins Netz, damit man das ganze auch verwirklichen kann. Und ganz wichtig: Es muss den Leuten auch Spaß machen. Es wäre doch toll, wenn an anderen Orten wieder neue Wege entstehen, mit Neonazi-Aufmärschen umzugehen.

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