Wegen Foto mit schwulem Promi: Katholische Kirche schmeißt jungen Priester-Anwärter raus

26.4.2021, 10:40 Uhr
Wegen dieses Selfies mit Alexander Schäfer (links) darf Henry Frömmichen nun kein Priester mehr werden.

© Screenshot Instagram/Henry Frömmichen Wegen dieses Selfies mit Alexander Schäfer (links) darf Henry Frömmichen nun kein Priester mehr werden.

Es ist eine Szene, wie sie täglich wohl dutzende Male passiert: Ein junger Mensch sieht auf der Straße zufällig einen Promi vorbeilaufen, spricht ihn an, fragt nach einem Selfie und lädt das in den sozialen Netzwerken hoch. Einem 21-jährigen Priesterseminarist aus München hat ein solches Foto alle Chancen auf seinen Traum genommen.

Kirche schmeißt 21-Jährigen raus: Er machte ein Selfie mit Alexander Schäfer

Im Herbst vergangenen Jahres traf Henry Frömmichen vor der Münchner Theatinerkirche zufällig Alexander Schäfer, den Protagonisten der RTL-Sendung "Prince Charming", einem Dating-Format mit homosexuellen Männern. Nach dem Bild unterhalten sie sich über Homosexualität und die katholische Kirche.

Es ist eine Frage, die ihn selbst umtreibt: "Weil ich ja selber schwul bin und daher selber auch immer in einem Konflikt mit mir stehe, wenn ich jetzt in einer Institution bin, die mich eigentlich aufgrund meiner Sexualität ablehnt", erklärt er gegenüber dem Deutschlandfunk.

"Mir wurde vorgeworfen, dass ich mich mit Homosexualität solidarisiere"

Drei Monate später erfährt er mehr als deutlich, was die Kirche von dieser Frage hält. Anfang 2021 erhält er ein offizielles Schreiben. "Ihr Umgang mit sozialen Medien lässt erkennen, dass sie derzeit nicht die für eine Ausbildung zum Priester geeigneten Voraussetzungen mitbringen", zitiert der Bayerische Rundfunk die Kündigung.

"Mir wurde vonseiten des Priesterseminars vorgeworfen, dass ich mich mit Homosexualität solidarisiere und das auch propagandiere. Damit sei ich als Priesterseminarist nicht mehr tragbar", erklärt Frömmichen in einem Instagramvideo.

Ehemaliger Priester-Anwärter schreibt Brief an Kardinal

Obwohl er inzwischen wieder in seinem alten Beruf als Bestatter arbeitet, sich ein neues Leben aufgebaut hat, treibt ihn der geplatzte Traum weiter um. Deshalb schreibt er einen Brief an den Kardinal Reinhard Marx, den Erzbischof von München und Freising. Der antwortet ihm: "Wenn der Ruf des Herrn weiter in Ihnen arbeitet, wird Er Ihnen den Weg weisen! Wir werden sehen", zitiert der BR. Ein Wort des Bedauerns gibt es nicht.

Ende März entschließt sich Frömmichen, seine Geschichte zu veröffentlichen. Lange habe er nichts über seinen Rauswurf gesagt, doch nachdem sich der Vatikan im März deutlich gegen die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ausgesprochen hat, ging er mit seinem Statement-Video an die Öffentlichkeit. "Mit fehlen einfach die Worte."

"Ich lasse mich nicht entmutigen, für meine Herzenssache zu kämpfen"

Die Haltung der Leitung des Priesterseminars sei für ihn "symptomatisch" , so Frömmichen gegenüber dem Deutschlandfunk. "Weil es eben einfach diese Falschheit und diese Doppelmoral ist, wie es in unserer Kirche zugeht." Solange nicht darüber gesprochen werde, sei alles gut, sobald aber etwas nach außen dringe, sei es nicht mehr in Ordnung. Geoutet hat er sich im Priesterseminar nie.


Segnungsverbot für Homosexuelle: Gegner übergeben Unterschriftenliste


In seinem Instagram-Post schreibt er, er sei unendlich dankbar, dass alles so gekommen ist und sein "Blick dadurch geschärft wurde". Und weiter: "Ich lasse mich nicht entmutigen, für meine Herzenssache zu kämpfen, egal in welcher Form dies in Zukunft geschehen wird."

Den Gefallen, auszutreten, werde er der Kirche nicht tun, sagt Frömmichen dem Deutschlandfunk. " Ich bleibe grad erst recht in der Kirche – und schau jetzt, wie ich jetzt eben für meine Kirche kämpfen kann."

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