Ein Mehrfamilienhaus in Langenaltheim

Das Gericht ist sicher: Es war Brandstiftung

25.12.2021, 09:26 Uhr
An Ostern 2020 hat es in der Oberen Haardt, einem Ortsteil von Langenaltheim, in einem Mehrfamilienhaus gebrannt. Nun stand einer der damaligen Bewohner vor Gericht, weil er das Feuer gelegt haben soll.  

© Rainer Heubeck, NN An Ostern 2020 hat es in der Oberen Haardt, einem Ortsteil von Langenaltheim, in einem Mehrfamilienhaus gebrannt. Nun stand einer der damaligen Bewohner vor Gericht, weil er das Feuer gelegt haben soll.  

„Bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus im Langenaltheimer Steinbruchgebiet sind am Ostermontagabend vier Männer zum Teil schwer verletzt worden. Ein Mann erlitt schwere Brandverletzungen, ein zweiter eine Rauchgasvergiftung. Sie wurden vom Notarzt und dem BRK-Rettungsdienst versorgt und ins Krankenhaus gebracht. Das Feuer war am Abend in einem zweistöckigen Mehrfamilienhaus in der Oberen Haardt, einem Ortsteil von Langenaltheim, ausgebrochen.“ So begann der Bericht im Weißenburger Tagblatt im April vergangenen Jahres. Früh verdächtigt Schnell war damals vermutet worden, dass das Feuer vorsätzlich gelegt worden sein könnte.

Der Kriminaldauerdienst Mittelfranken war mit seinen Experten für erste Ermittlungen angerückt. Zwei Räume der Wohnung im Erdgeschoss waren in Vollbrand geraten, und nur dank des beherzten Einsatzes der Feuerwehren aus Langenaltheim und Solnhofen konnten die Flammen gelöscht werden. Ein Übergreifen auf die anderen Wohnungen konnte verhindert werden, die vier in dem Mehrfamilienhaus lebenden Personen konnten sich alle selbst ins Freie retten.

Ein früher Verdacht

Schon damals hatte die Polizei einen damals 39-jährigen Bewohner als möglichen Verursacher des Brandes in Verdacht. Ein Verdacht, der sich auch für das Schöffengericht um Vorsitzenden Richter Christian Eichhorn am Weißenburger Amtsgericht erhärten sollte. Für das Schöffengericht war die Wahrheitssuche nicht gerade leicht, weil der mutmaßliche Brandstifter Lolek P. (Namen aller Beteiligten geändert) überhaupt keine Angaben zu dem Tatgeschehen machte und auch dessen Bruder von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte.

Aufgrund mehrerer Indizien kam das Gericht letztlich aber dennoch zu dem Schluss, dass die Tat sich genau so zugetragen haben muss, wie es Staatsanwalt Felix Stiklorus in seiner Anklage schilderte. So soll Lolek P. infolge eines Streits mit seiner Ehefrau Magda in der gemeinsamen Erdgeschosswohnung erst eine brennbare Flüssigkeit auf den Boden des Zimmers vergossen haben, das ein Untermieter bewohnte.

Lolek P.s ebenfalls anwesender Bruder Bolek konnte demnach nicht verhindern, dass der Angeschuldigte das Benzin-Dieselgemisch mit einem Feuerzeug entflammte und der komplette Wohnraum sowie die angrenzende Küche komplett ausbrannte. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war Lolek P. bewusst, dass zu dem Zeitpunkt mehrere Menschen im Haus waren. Neben den erwähnten Personen waren noch vier weitere Bewohner im Obergeschoss, weshalb der Angeklagte „billigend in Kauf“ genommen habe, dass die Brandlegung mit dem Brandbeschleuniger für alle Anwesenden potenziell eine Lebensgefahr darstellte.

Der Verursacher erlitt bei der Tat selbst diverse Brandverletzungen sowie eine Rauchgasvergiftung, sein Bruder trug ebenfalls eine Rauchgasintoxikation davon sowie Haarversengungen an Kopf und Körper. Auch eine im Obergeschoss wohnende Person erlitt leichte Gesichtsrötungen. Die übrigen Personen konnten aber allesamt das Gebäude unverletzt verlassen, das durch den Brand erheblich beschädigt wurde. Der Brandschaden wurde auf rund 50 000 Euro geschätzt, zudem ging bei dem Feuer Kleidung, ein Mobiltelefon und Fernseher drauf.

Wie belastbar sind die Beweise?

Lolek P.s Anwalt Adam Zurawel aus Nürnberg versuchte seine Verteidigung darauf aufzubauen, dass etliche Angaben nicht verwertbar seien, weil sie auf Mutmaßungen beruhten. Davor hatte ein Ansbacher Kriminalbeamter, der seinerzeit am Brandort war, geschildert, dass er nach wie vor von einer vorsätzlichen Brandstiftung infolge eines Ehestreits ausgehe. Was der Pflichtverteidiger ebenfalls kritisierte: Es gebe keine objektiven Beweise, keine Zeugen, und auch keine verwertbaren Spontanäußerungen. Insofern hätte aus seiner Sicht die Staatsanwaltschaft die Anklage zurückhalten müssen: „Die Beweislage ist nahezu nicht existent.“

Der Brand hätte aus seiner Sicht aus verschiedenen Gründen entstehen können, so der Anwalt. „Welches Interesse hätte jemand, an seinem Eigentum einen Sachschaden zu verursachen?“, stellte der Jurist die rhetorische Frage und forderte mangels Beweisen Freispruch für seinen Mandanten.

Im sogenannten letzten Wort äußerte Lolek P. lediglich, dass er mit seiner Frau das Haus zwei Jahre lang renoviert habe und „gar nichts gemacht“ habe. Eine Einlassung, die Richter Christian Eichhorn und seine beiden Schöffen offenbar nicht so recht überzeugen konnte – auch weil er sich als Einziger vom Tatort entfernt habe und seine Kleidung feucht gewesen und nach Benzin gerochen habe.

Für das Gericht stand es außer Frage, dass Lolek P. den Brand vorsätzlich verursacht habe und deshalb wegen Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe zu verurteilen ist. Weil der Angeklagte noch keine Vorstrafen hat, konnte die Strafe noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgelegt, zudem muss Lolek P. 1500 Euro an die Kinderschicksale Mittelfranken zahlen und muss die Gerichtskosten tragen. Gegen das Urteil kann binnen einer Woche Berufung oder Revision eingelegt werden.