Der Kunststoffcampus in Weißenburg entwickelt sich

27.5.2021, 05:17 Uhr
Der Kunststoffcampus in Weißenburg entwickelt sich

© Foto: Robert Renner

Fünf Jahre nach dem Start ist für das Technologie- und Studienzentrum Weißenburg (TSZ) die Betriebskostenfreiheit weggefallen. Seit einem Jahr also muss die von Landkreis und Stadt Weißenburg gegründete GmbH Miete und Nebenkosten für das Gebäude an der Richard-Stücklen-Straße erwirtschaften. Das funktioniert, stellte Landrat Manuel Westphal im Gespräch mit unserer Zeitung zufrieden fest. "Wir haben Wegmarken erreicht."

Er macht aber auch deutlich: "Die Abschreibungen decken wir noch nicht, auch wenn wir einen guten Stand haben." Angesichts des beeindruckenden technischen Standards ist das allerdings nicht wirklich verwunderlich. Denn in die Labors in Weißenburg wurde ordentlich Geld investiert.


Topmoderne Forschungsarbeit am Weißenburger Kunststoffcampus


Nun müsse es das Ziel sein, "mehr Aufträge zu generieren", stellte Westphal klar. Es gehe darum, Unternehmen in der Region klarzumachen, dass der Kunststoffcampus ihr Partner sein kann. Denn auch sechs Jahre nach der Inbetriebnahme trifft man im Landkreis immer wieder auf Unternehmer, die erst einmal eine lange Pause machen, wenn man sie nach ihren Verbindungen zu der Weißenburger Forschungseinrichtung fragt.

Denn genau das ist der Kunststoffcampus: eine externe Entwicklungsabteilung, die Unternehmen nutzen können, um Produktionsabläufe zu verbessern oder neue Produkte zu entwickeln. Gerade in einer Zeit, in der immer mehr Menschen beim Begriff Kunststoff nur noch an Mikroplastik in den Weltmeeren denken und in der die Automobilindustrie als wichtiger Auftraggeber eine gewaltige Transformation durchlebt, ist es unumgänglich, nicht stehen zu bleiben. "Stillstand ist Rückschritt", stellt Westphal fest.


Am Weißenburger Kunststoffcampus wird mehr geforscht


In der Automobilbranche stehen neuerdings Klimaschutz und Nachhaltigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste. Eine CO2-neutrale Produktion gewinnt an Bedeutung und ist ohne innovative Maßnahmen kaum realisierbar. Der Landrat hat zu diesem Zweck das Unternehmernetzwerk UNNA initiiert. Die Abkürzung steht für Unternehmerinitiative Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität für Altmühlfranken.

Zwar sei es gelungen, das Profil des Kunststoffcampus als Dienstleister für Unternehmen in der Region im vergangenen Jahr zu schärfen, doch noch gibt es Luft nach oben, was Marketing und Bekanntheitsgrad angeht, stimmt auch Landrat Westphal zu. "Wir wollen die erste Anlaufstelle für alle Unternehmen sein." Er setzt auf neue Aufträge aus der gesamten Metropolregion und will auch die Vernetzung des von der Technischen Hochschule Deggendorf in Weißenburg betriebenen Technologiezentrums mit anderen Forschungsinstituten verstärken.

Zu bieten hat der Kunststoffcampus hierbei einiges. In den Labors an der Richard-Stücklen-Straße sind mehrachsige Bewegungsstudien möglich, es gibt Projekte zu umweltbewusster Kunststofftechnik und zu funktionsintegrierten Werkstoffen. Neben den beiden Professorenstellen sind weitere acht Mitarbeiter im Technologiezentrum tätig.

Zweites Standbein

Doch der Kunststoffcampus hat noch ein zweites Standbein, und das wird in der Öffentlichkeit wesentlich klarer wahrgenommen: das Studienzentrum. Zwei berufsbegleitende Bachelor-Studiengänge gibt es, die über die Hochschule Ansbach laufen. Angewandte Kunststofftechnik ist natürlich sehr spezifisch auf die Kunststoffindustrie zugeschnitten, wobei es auch um Betriebswirtschaft und Ingenieurwissenschaft geht. Strategisches Management ist hingegen ein Angebot zur Qualifizierung von Führungskräften, das branchenübergreifend funktioniert.

Neu hinzugekommen ist im vergangenen Jahr das Modulstudium. Interessierte können sich Teile aus dem regulären Studienangebot picken und sich so schrittweise fortbilden. Abgeschlossene Module kann man sich auch auf ein späteres Studium anrechnen lassen.

Es gibt mittlerweile auch Kooperationen mit der Techniker- und der Maschinenbauschule in Ansbach. Außerdem laufen im Kunststoffcampus Seminare im Bereich Gesundheitswesen und Zertifikatslehrgänge.

Auch hat die IHK Weißenburg zum Ausbildungsstandort gemacht und bietet die Industriemeisterqualifikation Kunststoff/Kautschuk und Metall, Logistik, Mechatronik in Teilzeit an. Man kann seinen Ausbilder-Schein am Kunststoffcampus erwerben und die IHK ist bestrebt das Fortbildungsspektrum in Weißenburg noch weiter auszubauen.

Ernährungsberatung und Masterstudium

In diesem Jahr sollen noch Zertifikatslehrgänge in der Ernährungsberatung und in der Fachlehrerfortbildung neu hinzukommen. Außerdem laufen Bestrebungen einen Masterstudiengang in Weißenburg zu etablieren.

Mit 80 Studierenden pro Semester sei das Ziel erreicht, stellt Westphal zufrieden fest. Seit dem Start vor sechs Jahren haben immerhin rund 80 Studierende ihren Bachelor-Abschluss in einem der beiden Studiengänge in Weißenburg absolviert. Das reicht zwar noch nicht, um in der Stadt etwas von den Studierenden im Industriegebiet, die in Nicht-Corona-Zeiten an den Wochenenden da sind, zu merken. Aber wer weiß, es ist ja noch Luft nach oben.

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