"Sonntagsöffnung ist rechtswidrig"

19.12.2019, 11:52 Uhr

© Robert Renner

Nach Weihnachtsfrieden klingt das dreiseitige Schreiben, das DGB-Geschäftsführer Stephan Doll unterzeichnet hat, wirklich nicht. Im Gegenteil: Doll legt ausführlich dar, warum die Sonntagsverkaufsordnung der Stadt Weißenburg aus dem Jahr 2001 nach Ansicht der Allianz als "offensichtlich rechtswidrig einzustufen" sei.

Als Begründung führt Doll an, dass das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 11. November 2015 seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Sonntagsöffnungen aus besonderen Anlässen "fortentwickelt und die Anforderungen angehoben" habe. Die Stadt Weißenburg könne sich nicht bis zu der Verabschiedung einer neuen Satzung im kommenden Jahr auf eine "rechtlich unangreifbare Altregelung zurückziehen".

Als Beispiel führt Doll die Stadt Hallstadt bei Bamberg an, die am 30. Oktober des vergangenen Jahres vom Verwaltungsgericht Bayreuth verpflichtet wurde, ihre aus dem Jahr 1996 stammende Sonntagsverkaufsordnung aufzuheben, "da sie nicht mehr den Erfordernissen" des zugrunde liegenden Ladenschlussgesetzes entspreche. Die Richter beanstandeten "das Fehlen jeglicher Abwägung und Prognose bezüglich der prägenden Wirkung der anlassgebenden Veranstaltung auf das gesamte Stadtgebiet". Auf die Stadt Weißenburg treffe dieses Argument Dolls Meinung nach ebenfalls "in vollem Umfang" zu. Auch in Weißenburg gebe es keine "Eingrenzung der Offenhaltung von Verkaufsstellen im Altstadtbereich", schreibt Doll im Juristendeutsch.

Dass während der Marktsonntage auch die Geschäfte Kaufland, Marktkauf, Obi, BGU oder der Herrenausstatter Gutmann und Möbel Karmann geöffnet haben, sei "nicht zulässig". Die Argumentation der Stadt Weißenburg, dass das Öffnen der Geschäfte "der besonderen Wettbewerbssituation" geschuldet und zudem eine "Imagewerbung für die Stadt" sei, seien "von der Verordnungsermächtigung nicht gedeckt". Allein das "Shopping-Interesse potenzieller Kunden" oder das "Umsatzinteresse" der Geschäfte rechtfertige keine Sonntagsöffnung.

"Kein prägender Bezug"

Doll führt weiterhin aus, dass in Weißenburg auch kein "prägender Bezug" für die Marktsonntage zu erkennen wäre. Für den DGB und die Vertreter der Sonntagsallianz steht fest: "Die Sonntagsverkaufsordnung der Stadt Weißenburg ist offensichtlich rechtswidrig." Weil bisherige Gespräche mit Stadt und OB zu keiner Anpassung der Sonntagsverkaufsordnung "an die gültige Rechtsprechung" geführt hätten, sieht sich der DGB gezwungen, die Rechtsaufsicht anzurufen. Landrat Wägemann solle "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Stadt Weißenburg zu rechtskonformen Handeln veranlassen". Notfalls müsse der Landrat "die rechtswidrige Sonntagsverkaufsordnung außer Vollzug setzen".

Wägemann denkt indes offenbar überhaupt nicht daran, an Weihnachten, nur wenige Monate vor Ende seiner Amtszeit, tätig zu werden. Er will erst den Ausgang der Berufungsklage in Hallstadt abwarten. Er sei zwar persönlich auch gegen Rund-um-die-Uhr-Öffnungszeiten und gegen reguläre Verkaufstage an Sonntagen. Vier Sonntage im Jahr hält er aber für absolut vertretbar. Dass die Sonntagsallianz ausgerechnet jetzt mit der Aufsichtsbeschwerde daher kommt, könne er nicht verstehen: "Wenn sie es ernst meinen, dann sollten die Vertreter der Sonntagsallianz doch wirklich endlich Klage erheben."

DGB-Geschäftsführer Stephan Doll und seine Mitstreiter haben den Zeitpunkt, wie er unserer Zeitung versicherte, dagegen bewusst gewählt: "Wir hoffen an Weihnachten endlich auf Einsicht. Es kann ja nicht sein, dass Kirchen und Gewerkschaften wirklich klagen müssen, damit die Stadt Weißenburg endlich für Recht und Ordnung sorgt."

Die Stadt Weißenburg wurde, wie Rechtsdirektor Heiko Stefke auf Anfrage unserer Zeitung gestern Mittag bestätigte, über die Aufsichtsbeschwerde des DGB offiziell noch überhaupt nicht informiert. Das Schreiben richte sich nur an das Landratssamt und nicht an die Stadtverwaltung, die ihre Auffassung indes nicht geändert habe: "Die Weißenburger Märkte können keineswegs mit anderen verkaufsoffenen Sonntagen andernorts verglichen werden, weil es sich hier um historische Märkte handelt, die es seit Jahrzehnten gibt und sie rein auf die Kernstadt beschränkt sind." Die Öffnungszeiten kollidierten nicht mit den Sonntagsgottesdiensten.

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