Neunter Hilfstransport

Weißenburger packen täglich viele Kartons

Markus Steiner

Weißenburger Tagblatt

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4.4.2022, 08:00 Uhr
Melitta Heuberger, Betti Staedler und Pfarrer Andrii Khymchuk haben am Samstag gemeinsam mit zwei weiteren Helfern einen Transporter mit Hilfsgütern beladen, der am Sonntag nach Lemberg gefahren ist. Es war bereits die dritte Hilfslieferung in dieser Woche und die neunte von Weißenburg aus insgesamt.

© Markus Steiner, NN Melitta Heuberger, Betti Staedler und Pfarrer Andrii Khymchuk haben am Samstag gemeinsam mit zwei weiteren Helfern einen Transporter mit Hilfsgütern beladen, der am Sonntag nach Lemberg gefahren ist. Es war bereits die dritte Hilfslieferung in dieser Woche und die neunte von Weißenburg aus insgesamt.

Denn der Pfarrer saß unfreiwillig fast vier Woche in der Ukraine, seiner Heimat, fest und wurde insgesamt drei Mal an der Grenze zu Polen wieder zurück geschickt, weil in der Ukraine derzeit alle verfügbaren Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren gegen die russischen Invasoren kämpfen sollen. Selbst für Priester wie Khymchuk gibt es da eigentlich keine Ausnahmen, berichtet der Pfarrer, dem man die Strapazen der vergangenen Kriegswochen in der Ukraine noch im Gesicht ablesen kann.Kurz vor Ausbruch des Krieges war Andrii Khymchuk in seine Geburtsstadt Lwiw (Lemberg) gereist, um dort Urlaub zu machen und Bekannte zu treffen, als die russische Armee angriff und die ukrainische Regierung anordnete, dass alle wehrfähigen Männer einsatzbereit sein müssen. Für den Pfarrer, der in der Messe den Frieden predigt, war das eine grausame Vorstellung: „Als Priester kann ich nicht zu Waffen greifen und auf Menschen schießen.“ Viermal versuchte Khymchuk zu fliehen und zeige an der Grenze beim letzten Versuch dann ein Bittschreiben seines Bischofs vor, dass man ihn ausreisen lassen möge, was ihm dann endlich gewährt wurde. Ganze 24 Stunden dauerte seine Odyssee: Erst mit dem Bus zur Grenze, dann mit dem Auto nach Krakau, mit dem Flugzeug von Krakau nach Budapest und von dort nach Nürnberg.

In seiner fränkische Wahlheimat angekommen startete der Bamberger Pfarrer sofort einen Hilfeaufruf für ein Waisenhaus bei Lwiw, in dem 100 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren Zuflucht gefunden haben und das die Ukraine-Hilfe aus Weißenburg um Melitta Heuberger seit Jahren unterstützt. Durch seine persönlichen Erlebnisse an der Grenze, weiß er, wie groß die Not seiner Landsleute ist. Er habe viele Mütter mit Kindern gesehen, die vor dem Krieg flohen und stundenlang in der Kälte im Freien ausharren mussten: „Das war schrecklich!“

Nachts heulen die Sirenen

In der West-Ukraine sei Khymchuk zufolge derzeit „nicht ganz so schlimm wie im Osten und im Zentrum“, wenngleich es auch schon zwei „Luftattacken“ unmittelbar bei Lwiw gegeben hätte. „Meine Mutter hört nachts die Sirenen“, berichtete der Pfarrer im Brandenburger Hof und betonte, dass die Aussage vieler Medien, dass das Putins Krieg sei, so nicht stimme: „ Das ist nicht nur Putins Krieg ist, er bombardiert nicht persönlich die Städte und erschießt nicht persönlich Kinder, Frauen und alte Menschen, das sind seine Soldaten!“ Khymchuk sagt, dass die Weltgemeinschaft schon viel früher hätte ahnen können, was passiert, schließlich herrsche in der Ukraine seit 2014 Krieg. „Ich leide auch hier mit meinen Landsleuten, unabhängig von Konfession und Religion, ich mache keine Unterschiede“, sagt der Pfarrer, der sich um seine Eltern, seine Oma und seine Verwandten sorgt, die er in Lemberg zurücklassen musste. In wenigen Tagen sammelten auch seine in Bamberg viele Sachspenden, die ebenfalls mit einem vollgepackten Lkw und ehrenamtlichen Fahrern an die Grenze zwischen Polen d der Ukraine geschickt und von dort verteilt werden.

„Was die Menschen ehrenamtlich leisten, ist unglaublich“, sagt Melitta Heuberger, die offenbar noch nicht darüber nachgedacht hat, dass auch das, was sie und ihre Mitstreiter von der Weißenburger Ukraine-Hilfe leisten, einfach unglaublich ist. Wenn sie jeden Tag Pakete entgegen nehmen, nach einem ausgeklügelten System nummerieren und registrieren und dann in den Transporter packen, der 13 Stunden, so gut wie ohne Pause, unterwegs sein wird, dann ist auch das einfach unglaublich und man fragt sich, wie die ehrenamtliche Helfer, und vor allem der Fahrer, das alles durchstehen können.

„Der Glaube spielt eine wichtige Rolle, um die Moral hoch zu halten“, glaubt Khymchuk , der seit November 2021 Pfarrer in Bamberg ist und auch für Nürnberg und Würzburg zuständig ist. Zuvor war er bekanntlich Pfarrvikar in der römisch-katholischen Gemeinde in Weißenburg. Von 2012 bis 2016 studierte er am internationalen Collegium Orientale in Eichstätt.

Khymchuk hofft, dass der Krieg möglichst schnell vorbei ist. Bereits jetzt seien in der Ostukraine fast alle Häuser, und sogar Kindergärten, zerstört. Dass die ukrainische Armee erbittert Widerstand leistet, mache auch ihn stolz auf sei Land, auch wenn er natürlich der Meinung ist, dass Krieg nie die Lösung sein könne. Letztlich könne man nur noch besten, dass der Krieg bald zu Ende gehe. Auch die Soldaten würden die Priester bitten für sie zu beten.