"Wir haben unseren Stiefel gefunden"

25.5.2018, 08:58 Uhr

© Uwe Mühling

Herr Vierke, was überwiegt mit ein paar Tagen Abstand zum letzten Spieltag: die Freude über den dritten Platz oder doch die Enttäuschung, dass es nicht für ganz oben und damit in Richtung Aufstieg gereicht hat?

Markus Vierke: Als ehrgeiziger Sportler ist man von einem dritten Platz natürlich nicht so begeistert. Als Realist muss man jedoch begeistert sein, weil die Erwartungen in dieser Saison mehr als erfüllt wurden. Für ganz oben haben ein paar Dinge nicht ganz gepasst und auch die Konstanz hat teilweise noch gefehlt. Man muss einfach anerkennen, dass mit Großschwarzenlohe und Aufkirchen zwei Teams effektiver und konstanter wa­ren als wir und die Topplätze auch verdient hatten. Nimmt man noch Ornbau hinzu, dann muss man zudem feststellen, dass diese drei Kontrahenten auch mehr Erfahrung haben. Wir haben andere Qualitäten.

Nämlich?

Vierke: Da ist zum einen die gute fußballerische Ausbildung. Über 90 Prozent haben bei uns in der Jugend gespielt und bringen eine gute, ja überdurchschnittliche Grundlage mit. Zum anderen hat sich bei uns ein guter Mannschaftsgeist entwickelt und wir haben – salopp gesagt – unseren Stiefel gefunden. Das hat zu Saisonbeginn noch nicht so gut geklappt, obwohl wir da zehn Spieltage lang Tabellenführer waren.

Was verstehen Sie unter „unserem Stiefel“, was sind die Kennzeichen des TSV-Fußballs?

Vierke: Dazu gehört es, in der Defensive geordnet zu verteidigen und kaum Chancen zuzulassen. Wir haben insgesamt relativ wenige Gegentore kassiert (Anmerkung der Redaktion: Weißenburg hat die drittbeste Abwehr). In der Offensive bedeutet es, dass sich bei uns Muster eingespielt haben. Wir haben mehrere Varianten für unsere Angriffe drin. Wie kreieren Chancen, haben aber nicht den einen Megastürmer, der vorne alles erledigt. Vielmehr haben sich neben unserem erfolgreichsten Torjäger Andre Hofer viele weitere Spieler in die Torschützenliste eingetragen. Letztlich weiß jeder, was er auf dem Feld zu tun hat.

Nach den Plätzen sieben, sechs und acht war es nun der dritte Rang und damit die beste Platzierung seit dem Wiederaufstieg in die Bezirksliga vor vier Jahren. Muss das Ziel für die kommende Saison da nicht automatisch Rang eins oder zwei lauten?

Vierke: So sehe ich das eigentlich nicht. Klar gibt es jetzt eine gewisse Erwartungshaltung, da sind wir selber schuld (lacht). Aber das ist ja letztlich positiv. Wir wurden in den vergangenen Jahren immer wieder mal als Titelaspirant gehandelt, weil wir ein großer Verein sind und eine gute Jugendarbeit haben. Es ist aber nicht selbstverständlich, vorne dabei zu sein, denn es geht nicht nur um die Jugendarbeit, sondern auch darum, einen Kader mit einer guten Mischung aus Talent und Erfahrung zusammenzustellen. Diese Saison ist es in allen Bereichen gut gelaufen, wir waren in der Halle vorne dabei, haben fast alle Derbys gewonnen und waren immer unter den ersten vier in der Bezirksliga. In der kommenden Spielzeit wird es allerdings schwierig, da wieder hinzukommen. Wie gesagt: Es ist nichts selbstverständlich und wir verlieren auch zwei Stammspieler.

Mario Swierkot, der als Spielertrainer nach Ellingen geht, ist bekannt, wer ist der zweite Spieler?

Vierke: Michael Böhm hat mich nach dem letzten Saisonspiel überraschend informiert, dass er zur TSG 08 Roth wechseln wird. Wir können zwar immer junge Spieler aus der U23 nachschieben und ich habe auch keine Angst, dass es nächste Saison schlecht läuft. Insgesamt brauchen wir aber schon neue Leute, um einen Gesamtkader zu haben, der auch in Urlaubsphasen ausreicht und Verletzungen auffängt – in dieser Hinsicht waren wir in der vergangenen Runde weit­gehend verschont.

Wenn Sie auf die vergangenen Monate zurückschauen, was war Ihr Highlight und was war der Tiefpunkt?

Vierke: Highlight waren sicher die Pokalspiele, wo wir uns durch den Sieg gegen den Bayernligisten TSV Kornburg das Match gegen den Regionalligisten VfB Eichstätt erarbeitet haben. Das fiel im August zugleich mit der Phase zusammen, in der wir mehrere Wochen Tabellenführer waren. Tiefpunkt? Das Wort ist mir eigentlich zu hochgegriffen. Wenn, dann trifft das am ehesten auf die zwei, drei kurzen Schwächephasen zu. Aber das ist eigentlich Jammern auf hohem Niveau, denn wir haben hier in Weißenburg ein sehr gutes und angenehmes Niveau.

Nach etlichen Wanderjahren haben Sie nun ihre erste Saison beim TSV 1860 hinter sich und gehen ins zweite Jahr als Cheftrainer. Ganz einfach gefragt: Wie gefällt es Ihnen?

Vierke: Es fühlt sich echt gut an, wieder bei meinem Heimatverein zu sein. Mein Papa hat hier schon trainiert. Ich freue mich immer, wenn ich auch von den älteren und treuen Zuschauern angesprochen werde oder wenn vor einem Derby die Leute in der Stadt auf mich zukommen. Emotional ist es auf jeden Fall etwas Besonderes, in seinem Heimatort als Trainer zu arbeiten.

Ziel war es von Ihnen und vom Verein, Kontinuität auf dieser Position zu schaffen. Können Sie sich nach den bisherigen Erfahrungen auch eine längerfristige Tätigkeit an der Rezataue vorstellen?

Vierke: Prinzipiell ja und ich werde es auch versuchen. Wichtig ist dabei allerdings, dass man sich immer wieder Ziele setzt und Visionen hat, auch wenn das vielleicht ein bisschen hochgestochen klingt. Die Basis dafür ist beim TSV 1860 auf jeden Fall da, strukturell muss aber noch was wachsen.

Jetzt ist für Sie und Ihr Team erst einmal Sommerpause angesagt und Sie haben wieder mehr Zeit für Ihre Frau und Ihre Zwillinge. Wann geht es mit der Vorbereitung auf die neue Saison los?

Vierke: Wir starten am Donnerstag, 21. Juni. Bis dahin sind es viereinhalb Wochen Pause. Die Jungs brauchen auch mal Abstand vom Fußball. Das gilt natürlich auch für mich. Man verbringt schon viel Zeit mit dem Fußball, da ist es jetzt schon Mal gut, etwas abzuschalten und sich auch zu Hause bei der Familie wieder Kraft zu holen.    

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