Zwanglose Sängertreffen seit 50 Jahren

23.10.2018, 11:41 Uhr
Zwanglose Sängertreffen seit 50 Jahren

© Volksliederfreunde

Standesgemäß werden natürlich ab 13.30 Uhr auch dann wieder gemeinsam Volkslieder gesungen, die Organisatorin Sofie Gloßner vorher ausgesucht hat. Was schon jetzt fest steht: die Bayernhymne ist auch dieses Mal wieder mit dabei.

Sofie Gloßner, die das lose Treffen seit zehn Jahren organisiert, ist keine Freundin großer Worte. Die Bergenerin wollte eigentlich auch dieses Mal wieder nur einen kleinen Zettel im Weißenburger Tagblatt vorbeibringen, mit dem das Jubiläum des Volksliedersingens hätte angekündigt werden sollen: „Die Jubiläumsveranstaltung findet statt am 28. Oktober in Nennslingen im Gasthaus Lehmeier. Beginn 13.30 Uhr.“

Wir konnten sie dann doch überreden, etwas aus dem Nähkästchen zu plaudern und uns zu erzählen, warum und weshalb sich in schöner Regelmäßigkeit Sängerinnen und Sänger aus dem gesamten Landkreis an wechselnden Orten einfinden, um gemeinsam das deutsche Liedgut zu pflegen.

„Angefangen hat alles am 11. August 1968, als sich im Gasthaus Weinstock in Gundelsheim zum ersten Mal sangesfreudige Männer einfanden, die unter der Leitung von Michael Katheder ihren Beitrag leisten wollten, dass das Volkslied nicht in Vergessenheit gerät“, weiß Sofie Gloßner. Nach und nach sei die Zahl der Sänger dann angewachsen und es kamen auch Frauen dazu, die vereinbarten, dass man sich in monatlichen Abständen weiterhin zum gemeinsamen Singen treffen wolle.
Am Anfang waren vor allem auch die Bergener und Nennslinger Sänger gut vertreten, die am 1. Mai 1973 im Gasthaus „Fritzen“ das erste Mal ein Sängertreffen auf dem Jura organisierten. Danach fand das Volkslieder­singen in wechselnden Gasthäusern im Landkreis statt und es wurde sogar jedes Mal eigens ein Bus gechartert, der die Sängerinnen und Sänger einsammelte und zum jeweiligen Gasthaus brachte, wo das Volksliedersingen stattfand.

„Wir sind noch immer kein Verein, haben keine Satzung, nix“, betont Sofie Gloßner, die beweist, dass ihre Generation auch heute noch auf ­What’sApp, Facebook und Co. verzichten kann, um sich zum Singen zu verabreden. „Beim Treffen wird gleich der Termin und Ort für das nächste Volksliedersingen bekanntgegeben.“ So einfach, so effektiv: Zwischen sechs bis zehn Dutzend Sänger finden sich jedes Mal zum Singen ein und trällern gemeinsam Lieder wie „Stimmt an mit hellem, hohen Klang“, „Kein schöner Land“ oder „Am Brunnen vor dem Tore“.

Dabei ist das gesellige Beisammensein für die meisten mindestens genauso wichtig, wie das Singen selbst, weiß auch die Organisatorin. Aus
diesem Grund gibt es gegen 15 Uhr eine ausgiebige Pause, in der Kaffee getrunken und Kuchen gegessen und ausgiebig geratscht wird. Die Volksliederfreunde kommen zum Teil bis aus Mosbach oder Allersberg und Nürnberg – oder aus Hitzhofen, wie Leo Sandner, der die Sänger an
seiner „Steirischen“ jedes Mal begleitet.

Mitsingen darf prinzipiell jeder: „Keiner wird bei uns ausgemustert“, sagt Sofie Gloßner mit einem verschmitzten Lächeln. „Wir wollen ja schließlich keine Preise ersingen.“ Denjenigen, die regelmäßig kommen, gehe es vor allem um die Geselligkeit und um die Liebe zum Volkslied, das nach Meinung vieler vom Aussterben bedroht ist, weil es auch in Kindergärten oder Schulen kaum mehr gepflegt werde.

Jüngere Mitsängerinnen und Mitsänger sind natürlich jederzeit gerne willkommen beim Treffen der Volksliederfreunde: „Mitsingen darf bei uns jeder“, sagt Sofie Gloßner. Denn der Altersdurchschnitt der Volksliederfreunde liegt erwartungsgemäß deutlich über 70 Jahren. Eine Frischzellenkur täte dem losen Zusammenschluss also auch im Sinne der Zukunftssicherung gut.

Allen Entwicklungen zum Trotz werden die Volksliederfreunde auch am Sonntag, 28. Oktober, wieder zu ihrem „Volkstümlichem Liederbuch“ greifen, das Michael Katheder bereits 1968 zusammengestellt hat und das viele Melodien und Lieder enthält, die längst nicht mehr jedes Kind, aber garantiert jeder Opa und jede Oma noch kennt. Wer mitsingen will, braucht übrigens keine Angst haben: „Vorsingen muss bei uns niemand.“

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