Willkommen in München: S-Bahn-Kontrolleur will Pass behalten

26.5.2016, 15:10 Uhr
Willkommen in München: S-Bahn-Kontrolleur will Pass behalten

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S-Bahn-Fahren ist in München ebenso unvermeidlich wie kompliziert. Um das Tarifsystem in München zu durchdringen, bedarf es eines genauen Studiums der Kombination aus Ringen und Zonen und der diversen Tages-, Wochen-, Monats- und Streifenkarten. Klar, dass, wer gerade erst am Flughafen in München gelandet ist, da mal Fehler macht, die Kontrolleure sind da aber nicht immer nachsichtig. So ging es am Mittwoch einer jungen Chinesin. Blöd nur für die S-Bahn, dass neben der jungen Frau, die gerade erst in München angekommen war, der Münchner Journalist Michael Praetorius saß. Denn so wuchs sich die Angelegenheit zu einem PR-Desaster für die Münchner S-Bahn aus.

In einem Video auf Facebook berichtet er über den Vorfall und verbrennt aus Protest seine Isar-Card und kündigt an: "Ich möchte nicht mehr S-Bahn fahren, bis die S-Bahn München sich irgendwo offiziell für so eine Kack-Scheiße entschuldigt."

Es passierte in der S8, die vom Flughafen in die Innenstadt fährt, Praetorius war in Ismaning eingestiegen und hatte sich zu einer Gruppe Asiatinnen gesetzt. Alle drei hatten Fahrkarten gelöst. Bei der Kontrolle stellte sich jedoch heraus, dass eine der jungen Frauen ihre Karte beim Einsteigen nicht abgestempelt hatte. Der Kontrolleur forderte sie daher auf, die 60 Euro Strafe für Schwarzfahren zu bezahlen. In seinem Video berichtet Preatorius, dass die junge Frau nur sehr wenig Deutsch und Englisch gesprochen und nicht verstanden habe, was der Kontrolleur von ihr wollte - denn ein Ticket hatte sie ja eigentlich gelöst. Dass man das auch noch abstempeln muss, wissen viele Auswärtige, die die Münchner S-Bahn benutzen, nicht.

Journalist Praetorius mischte sich ein und versuchte zu vermitteln und den Kontrolleur zur Nachsicht zu bewegen. Auch auf Twitter versuchte er kurzfristig, die Bahn zu erreichen.

Ein Auge zudrücken? Offenbar unmöglich

Auch andere Fahrgäste versuchten zu intervenieren und baten den Kontrolleur ebenfalls darum, ein Auge zuzudrücken. Der Kontrolleur wies die Fahrgäste nur mit einem "Sie halten sich da raus" zurecht. Und forderte die Frau nachdrücklich auf, die 60 Euro Strafe zu bezahlen. Da sie gerade erst in Deutschland angekommen war, hatte die junge Frau verständlicherweise auch kein Bargeld bei sich. Der Kontrolleur habe daraufhin ihren chinesischen Pass gefordert und wollte diesen einbehalten, bis die Strafe bezahlt ist. "Wir gehen jetzt zur Polizei. PO-LI-ZEI!", habe der Mann ihr gedroht und wollte den Pass nicht mehr her geben. Die junge Frau sei in Tränen ausgebrochen, zumal der Kontrolleur sie der Lüge bezichtigte, als er in ihrem Pass kein Touristenvisum, sondern ein Visum für einen Au-Pair-Aufenthalt fand, berichtet Praetorius. Am Ostbahnhof stiegen der Kontrolleur und sein Kollege mit der jungen Frau aus. Journalist Praetorius wollte die junge Frau in dieser Situation nicht alleine lassen und begleitete sie mit zur Wache der Bundespolizei. Daneben befand sich ein Geldautomat, wo er das nötige Geld für die Strafe abhob und sie vor Ort bei den Kontrolleuren beglich, damit die junge Frau ihren Pass wiederbekommen konnte. 

Weltstadt ohne Herz

Kein schöner Willkommensgruß dieses Au-Pair-Aufenthalts in Deutschland - und äußerst negative Werbung für München, das doch damit wirbt, eine "Weltstadt mit Herz" zu sein.

Die Bahn hat inzwischen zu dem Vorfall Stellung genommen: "Wir bedauern es sehr, dass die junge Reisende in eine solch unangenehme Situation geraten ist. Leider kann es bei Fahrscheinkontrollen immer auch zu Missverständnissen kommen, zumal bei Sprachproblemen und wenn Reisende aus dem Ausland die Beförderungsbedingungen noch nicht kennen. Wir schulen daher unsere Mitarbeiter speziell auch mit Blick auf solche Konfliktsituationen, damit sie möglichst immer angemessen handeln. Wenn das im Einzelfall einmal nicht gelingt, bedauern wir das. 

Wir bieten der Reisenden an, uns persönlich bei ihr zu entschuldigen und möchten dem Fahrgast, der ihr zu Hilfe kam, auch eine Kulanzregelung anbieten. Die S-Bahn München nimmt den Fall sehr ernst und wird mit dem betroffenen Mitarbeiter den Vorfall aufarbeiten."

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