Aus für den Toyota Prius

8.8.2020, 14:18 Uhr
Aus für den Toyota Prius

© Toyota

Viele halten den Toyota Prius für den gelungensten Marketingcoup der Automobilgeschichte. Als er 1997 in Japan auf den Markt kam, sukzessive andere Länder eroberte und im Jahr 2000 auch Deutschland erreichte, da war er ein Exot. Hybrid – bitte was? Was es mit der Kombination aus Ottomotor und einem elektrischen Antriebssystem auf sich hatte, musste man dem Autofahrervolk erst einmal erklären.

Hinzu kam, dass der aerodynamisch optimierte Kompakte eher skurril aussah. Dahinter steckte freilich ein schlauer Plan. Der Fahrer vermittelte mit der auffälligen Optik ein unübersehbares Statement: Seht her, ich fahre kein normales Auto - ich achte auf die Umwelt!

Aus für den Toyota Prius

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Die Strategie ging auf. Spätestens als Toyota und seine cleveren Händler Hollywoodstars wie Cameron Diaz, Susan Sarandon, Leonardo diCaprio oder Robbin Williams dazu brachten, das durstig-blubbernde XXL-SUV stehenzulassen und stattdessen ökologisch-bescheiden im Prius bei der Oscar-Verleihung vorzufahren, hatte es der hybridisierte Japaner geschafft.

Deutsche in der Schmuddelecke

Auch in Deutschland kam die Botschaft an. Ungeachtet der Tatsache, dass Toyota durchaus gute Geschäfte mit V8-Pick-ups wie dem Tundra machte, hatte der japanische Hersteller auf einmal ein grünes Image, während hybridfreie deutsche Hersteller in der Schmuddelecke standen.

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Unvergessen der Aufruf "Leute, kauft Hybrid-Autos von Toyota", den die damalige Grünen-Fraktionschefin Renate Künast 2007 ans Volk richtete und der für aufgeregte Diskussionen sorgte. Großen Ärger handelte sich im April 2017 auch die grüne nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann ein, als sie kurz vor einem Wahlkampftermin unauffällig von ihrer Audi-A8-Dienstlimousine auf einen weißen Prius umgestiegen war und sich daraufhin als "Öko-Heuchlerin" angegangen sah.

Angesichts seines Öko-Images verzieh man dem Prius seine schwache Leistungscharakteristik ebenso wie den schauerlich-berüchtigten "Gummibandeffekt" des stufenlosen CVT-Getriebes.

Beliebt unter Taxifahrern

Weniger ökologische als handfest ökonomische Grunde brachten indes viele Taxifahrer dazu, vom Mercedes-Diesel auf einen Toyota Prius umzusteigen, der sich obendrein als langlebig und robust erwies. Auch für den ab 2012 erhältlichen Prius+ erwärmte sich die Gilde der "Taxerer", als siebensitziger Van wuchs der Hybride zur Großraumlimousine.

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Inzwischen ist der Prius+ nicht mehr konfigurierbar, und auch den Prius Hybrid hat die Deutschland-Dependance von Toyota jetzt in den Ruhestand geschickt. Dass dieser Schritt ausgerechnet jetzt erfolgt, wo sich der Hybridantrieb auf breiter Front durchsetzt, ist nur auf den ersten Blick paradox. Der Trend hat das Angebot wachsen lassen, längst gibt es zahlreiche Alternativen zum Prius. Speziell Toyota bietet mit dem Corolla (als Fünftürer, Kombi und Limousine), dem Crossover C-HR, der Limousine Camry, dem SUV RAV4 und demnächst sogar dem Kleinwagen Yaris ein breites Hybrid-Portfolio an, das sich optisch gefälliger zeigt und zudem bessere Fahreigenschaften aufweist.

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Nachfrage im Keller

Und so ist die Nachfrage nach dem Prius zuletzt in den Keller gerauscht: Für Juni weist die KBA-Statistik gerade einmal 24 neu zugelassene Modelle aus.

Immerhin: So ganz geht der Prius dann doch nicht. Außerhalb Deutschlands (zum Beispiel in Österreich) kann er nach wie vor konfiguriert werden. Und als Plug-in-Hybrid mit Stecker darf er auch bei uns noch bleiben.

Ulla Ellmer