Elon Musk guckt in die Röhre

26.7.2020, 15:18 Uhr
Elon Musk guckt in die Röhre

© TBC

Eines muss man Elon Musk lassen: Um Visionen ist der gebürtige Südafrikaner noch nie verlegen gewesen. Er war an der Gründung des Bezahlsystems PayPal beteiligt, hat mit Tesla die Automobilindustrie aufgemischt, sein Unternehmen SpaceX fliegt ins All. Daneben ist Musk dabei, zwei weitere kühne Ideen zu verwirklichen, welche die Mobilität von morgen schneller, staufreier und umweltfreundlicher gestalten sollen. In beiden Fällen spielen Röhren eine zentrale Rolle – einmal ober-, einmal unterirdisch.

Der Hyperloop kommt nach Bayern

Zunächst soll der Hyperloop auf weitaus kühnere Art das schaffen, was dem Transrapid zumindest hierzulande nie vergönnt gewesen ist: Als supermodernes und umweltfreundliches Transportmedium Menschen von A nach B zu bringen. Dabei schießt ein Hochgeschwindigkeitszug elektrisch und nahezu schallschnell durch eine – nicht unbedingt landschaftsverschönernde – Röhre mit Teilvakuum.

Elon Musk guckt in die Röhre

© TUM

Dass jetzt ausgerechnet an der Technischen Universität München (TUM) am Hyperloop gearbeitet wird, hat seinen Grund: Um das Projekt mit möglichst kreativem Ideenreichtum voranzubringen, hatte der findige Musik die "SpaceX Hyperloop Pod Competition" ausgerufen. Dabei konnte sich das Team der TUM bei jedem Rennen durchsetzen – zuletzt im Juli 2019, als man einen Geschwindigkeitsrekord von 482 km/h aufstellte.

Nun sollen die Studierenden an der Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie gemeinsam mit Wissenschaftlern ein Forschungsprogramm durchführen. Während einer ersten, zweijährigen Phase werden verschiedene Technologien erprobt. Dazu gehört auch der Bau einer 24 Meter langen Teströhre mit dazugehöriger Prototyp-Kapsel in Originalgröße auf dem Campus in Taufkirchen/Ottobrunn. In einer weiteren Phase soll die Teststrecke dann verlängert werden.

Musk geht in den Untergrund

Der Geistesblitz zu seinem unterirdischen Highspeed-Tunnelbauprojekt wiederum soll Elon Musk am 17. Dezember 2016 gekommen sein, als er wieder einmal im Stau von Los Angeles feststeckte. Statt ins Lenkrad zu beißen, ergriff Musk sein Smartphone. "Verkehr treibt mich zum Wahnsinn", twitterte er. "Werde eine Tunnelbohrmaschine bauen und einfach anfangen zu graben". Nur eine gute Stunde später reichte er auch schon den Namen des neuen Unternehmens nach: "Es soll 'The Boring Company' heißen". Kurz: TBC.

Elon Musk guckt in die Röhre

© TBC

Die Vision "Loop" geht dahin, Städte auf mehreren Ebenen mit einem Tunnelsystem zu untergraben, das dann von selbstfahrenden Autos durcheilt wird, die wiederum über Seitentunnels zum Haupttunnel gelangen. Vorteil gegenüber der U-Bahn: Die Passagiere erreichen ihr Endziel schneller, vor allem aber direkt und ohne Zwischenstopps an zahlreichen Haltestellen.

Pro Stunde soll ein Durchlauf von 10.000 Passagieren beziehungsweise 4000 Fahrzeugen möglich sein, die dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 250 km/h vorlegen können. Nicht überraschend, dass hier Tesla ins Spiel kommt: Bei den autonomen Fahrzeugen handelt es sich um kompatibel gemachte Exemplare von Model 3, Model S und Model X. Auch ein Fahrgestell für maximal 16 Personen ist angedacht.  

Zuletzt wurde bekannt, dass Tesla und TBC an einem elektrischen Minibus arbeiten, der zwölf Passagiere und deren Gepäck aufnehmen kann. Möglicherweise wird er dazu eingesetzt, Fluggäste auf einer unterirdischen Zubringerstrecke von der kalifornischen Stadt Rancho Cucamonga zum Ontario International Airport im San Bernardino County östlich von Los Angeles zu bringen. Dabei könnte eine Geschwindigkeit von bis zu 204 km/h erreicht und die 4,5 Kilometer lange Verbindung in eineinhalb bis zwei Minuten durchfahren werden.

Elon Musk guckt in die Röhre

© TBC

Neben ihrem 1,8 Kilometer langen Test-Loop am Firmensitz im kalifornischen Hawthorne hat TBC bereits die Bauphasen für zwei Tunnel unter dem Kongresszentrum von Las Vegas abgeschlossen, nun müssen noch die Bahnhöfe gebaut werden. Während der Fußweg von der südlichen bis zur zentralen Messehalle eine Viertelstunde in Anspruch nimmt, soll die Fahrt mit dem Loop nur eine Minute dauern.

Die Bauplanung sieht vor, dass der 48,7 Millionen Dollar teure Las Vegas Convention Center Loop (LVCC) zur Consumer Electronics Show CES im Januar 2021 fertiggestellt ist – so diese denn stattfindet. Ein weiterer Tunnel soll das Kongresszentrum später mit dem Las Vegas Strip verbinden, Gedankenspiele widmen sich auch Verbindungen zum Flughafen oder sogar nach Los Angeles.

Elon Musk guckt in die Röhre

© TBC

In Los Angeles selbst ist der "Dugout Loop" geplant, er würde Baseball-Fans und Konzertgänger von East Hollywood oder Rampart Village zum Dodger-Stadium bringen. An der Ostküste wiederum könnte der "Washington D.C. to Baltimore Loop" umgesetzt werden.

Beim Bau widmet sich TBC vor allem zwei Herausforderungen: Zum einen, die Tunnelbohrmaschinen autonom arbeiten zu lassen – und zum anderen, sie schneller als die bisher gebräuchlichen zu machen.

Hier greift Musk erneut auf die Idee eines Wettbewerbs zurück, die sich schon beim Hyperloop bewährt hat. Diesmal nennt er ihn "Not-A-Boring Competition"; dabei sollen Teams von Universitäten, Unternehmen und sonstigen Tunnelbohrern neue Techniken präsentieren, mit denen ein 30 Meter langer und mit einem Durchmesser von einem halben Meter ausgestatteter Tunnel so schnell wie möglich gebaut werden kann. Konkretes Ziel: Schneller zu bohren, als eine Schnecke kriechen kann.

Ulla Ellmer