Dante wird zum Comic-Star

Beim Poetenfest ab in die Hölle

23.8.2021, 11:46 Uhr
Cover des Comics "Das Inferno - frei nach Dante Alighieri" von Michael Meier. 

© Reprodukt Verlag Cover des Comics "Das Inferno - frei nach Dante Alighieri" von Michael Meier. 

Man muss sich nur im finstren Wald verlaufen – egal ob man Micky Maus, Giuseppe Bergmann oder Michael Meier heißt. Dann bekommt man die Chance, sich in Dante Alighieri zu verwandeln und die Jenseitswelten von der Hölle durch das Fegefeuer bis ins Paradies zu bereisen.

Vor knapp 700 Jahren entstand die berühmte „Göttliche Komödie“ des italienischen Dichters, kurz vor seinem Tod am 14. September 1321 wurde sie vollendet. Und er hat nicht nur große Künstler wie Botticelli, Doré, William Blake und Salvador Dalí in seine fantastischen Landschaften nach dem Tod eingeladen, sondern auch die eingangs benannten Comic-Figuren.

Loorbeerkranz um die Kugelohren

Die „Göttliche Komödie“ beginnt mit den Versen: „Mittwegs in unsres Lebens Reise fand/In finstren Waldes Nacht ich mich verschlagen“. Dort landete 1949 tatsächlich Walt Disneys Comic-Held Micky Maus. Er trug den berühmten Lorbeerkranz um die Kugelohren, mit dem Dante immer dargestellt wird. Der italienische Zeichner Angelo Bioletto schickte ihn in ein Inferno voller Disneyfiguren, der Texter Guido Martina benutzte im Kommentar gar Dantes Versfuß, den Alexandriner.

Leseprobe aus dem Comic "Das Inferno - frei nach Dante Alighieri".

Leseprobe aus dem Comic "Das Inferno - frei nach Dante Alighieri". © Reprodukt Verlag

Rund 60 Jahre später hat der deutsche Grafiker und Streifen-Zeichner Michael Meier einen Herrn im Unterhemd in denselben magischen Wald versetzt. Der Herr sieht seinem Schöpfer ein bisschen ähnlich und muss eine Unterwelt durchstreifen, in der er nicht nur den italienischen Medien-Mogul und Party-Politiker Silvio Berlusconi, sondern auch Kernkraftbefürworter und andere Monster antrifft.

Start als Tages-Strip

Meiers Pop-Version vom „Inferno“ erschien von August 2010 bis Juli 2011 als Tages-Strip in der Frankfurter Rundschau, dann als Album. Zum aktuellen Dante-Gedenken wurde gerade eine leicht modifizierte Neuausgabe dieses Werks im Verlag Reprodukt aufgelegt.

Beim Erlanger Poetenfest wird Michael Meier aus der Neuauflage seiner Dante-Parodie lesen und anschließend über die Beziehungen zwischen der „Göttlichen Komödie“ und der sogenannten sequentiellen Kunst reden.
Denn es gibt inzwischen viele Comic-Adaptionen von Dantes Epos. Die Italiener Milo Manara (eben mit seiner Figur Giuseppe Bergmann) und Lorenzo Mattotti sind dabei, der Franzose Moebius, die Amerikaner Gary Panter und Seymour Chwast. Und auch im Mainstream der Superhelden wird Dante immer wieder zitiert, in „Batman“ ebenso wie in „Sandman“ oder „Spawn“.

So ist die „Göttliche Komödie“ ein Musterbeispiel dafür, dass die Unterscheidung von E-Kultur und U-Kultur – also von Anspruch und Unterhaltung – nicht so einfach funktioniert.

Und wer es ganz klassisch haben will, der wird beim Poetenfest ja ebenfalls bedient: Am Freitag, 27. August (20 Uhr), treffen sich die geladenen Dichter Paul-Henri Campbell und Franz Josef Czernin, um im Markgrafentheater Dante vorzulesen und in die moderne Sprache zu holen – die streitbare Sibylle Lewitscharoff, die auch schon einen Dante-Roman geschrieben hat, wird digital zugeschaltet . . . Infernalisch, diese Technik!

Verwandte Themen


Keine Kommentare