Historisches Badhaus im Fokus der Forschung

13.7.2021, 09:18 Uhr
Ungelöstes Rätsel: die Zirkelschlagmotive im Badhaus

© Ute Rauschenbach Ungelöstes Rätsel: die Zirkelschlagmotive im Badhaus

Durchaus aufsehenerregend stellt sich die farbige Gestaltung der Innenräume dar. Sie steht ganz im Kontrast zur eher schlichten, farblosen Fassade mit dem schwarz verwitterten Fachwerk und den weiß gekalkten Gefachen. Innen war ein leuch- tendes Rot an den Wänden vorherrschend – fast eine Art Leitfarbe für das gesamte Badhaus. Die im späten Mittelalter verfügbaren Malmittel bestanden neben den roten Eisenoxid-Pigmenten aus natürlichen Bindemitteln wie Eiern, Roggenmehl, Quark, Leinöl oder einfach nur frischen Kuhfladen zur Beimengung für Kalkfarben. Die Ergebnisse im Badhaus nach der Rekonstruktion beweisen, welche Gestaltungkraft in diesen einfachen Malmitteln liegt. Am besten ist diese Farbwirkung in der Bohlenstube der Baderwohnung im Obergeschoss zu erleben – sie war komplett in leuchtendem Rot an Decke und Wänden ausgemalt.

Historisches Badhaus im Fokus der Forschung

© Ute Rauschenbach

Die rote Leitfarbe prägt auch die sogenannte Abziehstube im Erdgeschoss, die als Umkleideraum für die Badegäste genutzt wurde. Schon bald nach der Erbauungszeit um 1450 überzog man die Wände mit einer effektvollen Quadermalerei, später ergänzt um eine Wandvertäfelung. Noch älter als die aufgemalten Quader sind die in den Putz eingeritzten Zirkelschlagmotive: ineinandergreifende Kreise und Muster, die einerseits streng und elementar, andererseits spielerisch und experimentell wirken. Auszuschließen ist es nicht, dass diesen Ritzmustern eine gewisse Schutzfunktion zukam und man damit Unheil vom Haus oder dem betreffenden Raum abwehren wollte, doch Belege fehlen. Ritzungen dieser Art finden sich darüber hinaus vor allem im alpinen Raum, aber auch in den historischen Gebäuden des Freilandmuseums gibt es weitere Beispielfunde, in erster Linie an Türen.

Ein Blickfang im wiedererrichteten Badhaus sind sicherlich die Kachelöfen, von denen sich nur noch – archäologisch ergrabene – Fragmente erhalten haben, die jedoch einigermaßen sichere Anhaltspunkte für die Rekonstruktion geben konnten. Meist handelt sich um sogenannte Schüsselkacheln aus der Entstehungszeit. Ihre relativ große Oberfläche gewährleistete eine effiziente Wärmeabstrahlung. Der Ofen in der Abziehstube hat einen besonders dekorativen und für das 15. Jahrhundert typischen Zinnenkranz als Abschluss und steht bereit für die erste Befeuerung.

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