"Der Boden unter den Füssen": Der Preis des Erfolgs

16.5.2019, 09:00 Uhr

© Salzgeber

Lola (Valerie Pachner) heißt sie, ist Ende 20 und aufstrebende Unternehmensberaterin. Ständige Übernachtungen in Hotels, viel Arbeit, kurze Abstecher in den Fitnessraum und schneller Sex mit Chefin Elise (Mavie Hörbiger) – so sieht ihr Alltag aus. Der wird jäh gestört, als ihre psychisch kranke Schwester Conny (Pia Hierzegger), die sie vor ihrem Umfeld geheim hält, wieder in die Psychiatrie eingeliefert wird. Grund war ein Selbstmordversuch.

Lola bemüht sich, Conny beizustehen, ohne ihren enorm stressigen Job aufzugeben. Hatte sie bislang sowohl ihr Berufs- als auch ihr Privatleben scheinbar perfekt im Griff, gerät nun beides aus dem Gleichgewicht. Die einst so taffe Businessfrau leidet immer massiver unter Ausfallerscheinungen. Von ihrer Schwester erhält sie fortwährend geheimnisvolle Anrufe. Doch dann stellt sich heraus, dass Conny gar nicht angerufen haben kann. Leidet Lola nun selbst unter einer Psychose?

Die geplante Karriere wird ihr trotz allem gelingen. Doch der Preis wird hoch sein. Marie Kreutzer versteht es mit einigem Geschick, auch dem Publikum oftmals den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Der gut gespielte und durchdacht inszenierte Film verunsichert nachhaltig. Letztlich vereint er vieles: die deprimierende Studie eines psychischen Verfalls, das ebenso kühle wie scharfsichtige Porträt einer eiskalten Businesswelt und auch Elemente des Horrorfilms. Manchmal muten diese vielfältigen Perspektiven zuerst etwas ziellos an. Doch sie greifen schlüssig ineinander.

Das wahre Grauen lauert nicht in der bisweilen bedrückenden Atmosphäre der psychiatrischen Klinik, auch nicht in der Wahnwelt der psychisch kranken Protagonisten. Es ist vielmehr in einer zutiefst inhumanen Wirtschaftswelt zu verorten. Eine Welt, in der als Unternehmensoptimierung getarnter sozialer Kahlschlag wie am Fließband vonstatten geht. Vollstreckt von Karrieristen, die ihre dreckigen Jobs auf die Dauer nur mit medikamentöser Hilfe bewältigen können. Da kommt "Der Boden unter den Füßen" der Realität wohl beunruhigend nahe. (A/108 Min.)

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