Lowerys Mittelalter-Märchen

Einzigartig und magisch: Das Epos "The Green Knight" im Kino

29.7.2021, 09:24 Uhr
Dev Patel (hier mit Alicia Vikander) als naiver Ritter Gawain in "The Green Knight".

© Eric Zachanowich/Telepool/dpa Dev Patel (hier mit Alicia Vikander) als naiver Ritter Gawain in "The Green Knight".

"The Green Knight" zieht uns hinein in seine Welt, noch bevor man recht versteht, wo man sich befindet und um was es geht. Wer sich vorher schlau gemacht hat, weiß, dass die Sage von "Sir Gawain und dem Grünen Ritter" zu den Artus-Epen gehört. Tiefstes Mittelalter also.

Dev Patel verkörpert Gawain, den die ersten Szenen beim sorgenlosen Treiben mit der Geliebten Esel (Alicia Vikander) im Bordell zeigen. Er ist kein Schwerenöter, die Frauen machen sich lustig über ihn. Patel verleiht seiner Figur einen ungelenken Charme, der sich aus Naivität und Unzufriedenheit mit sich selbst zusammensetzt. Dem König (Sean Harris), der ihn zu sich ruft, bekennt er schamhaft, von keinen Taten erzählen zu können.

Als wenig später die seltsame Gestalt des Grünen Ritters den Saal der Tafelrunde betritt, gehen wie aus Angst die Fackeln aus. Der Hüne äußert eine merkwürdige Herausforderung: Einer der Ritter solle ihn jetzt schlagen, dann würde er ihm in Jahresfrist an anderer Stelle, in der "Grünen Kapelle", das Gleiche tun. Gawain greift die Axt und haut dem Ungetüm den Kopf ab. Das den Kopf vom Boden aufliest, sich wieder aufsetzt und von dannen schreitet.

"Nach einem viel zu schnell vergangenen Jahr", heißt es im nächsten Insert. Gawain erwägt, gar nicht erst aufzubrechen.

Zauberhaftigkeit mit hypnotischer Qualität

Es hat etwas Merkwürdiges, wenn man den Film so nacherzählt. Denn was ihn so einzigartig macht, spielt sich auf vielen Ebenen ab, die man kaum in Kohärenz beschreiben kann. Etwa das Sounddesign, das eine Stimmung der Suche, des Aufbrechens ohne Ziel malt. Huschende Detaileinstellungen wechseln mit Totalen, die den Blick öffnen für die abstrakten Strukturen einer Landschaft. Nie fühlt man sich heimisch in diesem Mittelalter; man ist, mit den Augen und dem Empfinden von Gawain, immer fremd an diesen Orten, wie er weiß man nicht, wie man sich verhalten soll.

Denn als Gawain aufbricht, seinem doch besiegelt scheinenden Schicksal entgegen, trifft er auf seltsame Gestalten, die teuflischerweise manchmal denen ähneln, die er kennt. Er wird ausgeraubt. Eine Lady fordert ihn auf, ihren Kopf aus einem tiefen See zu holen. Ein Edelmann überschüttet ihn mit Geschenken, während dessen Frau ihn zu verführen versucht. Nie ist sich Gawain sicher, ob er das Richtige tut. Manchmal fächert Lowery einen alternativen Schicksalsweg auf: Was, wenn er beim Überfall im Wald gestorben wäre? Oder er noch vor der Grünen Kapelle umgekehrt wäre?

Sean Harris entfaltet mit wenigen Sätzen magnetische Kraft; Kate Dickie sorgt schon mit ihren Blicken für Gänsehaut. Dass es Dev Patel trotzdem gelingt, seiner Figur menschliche Wärme einzuflößen, grenzt an ein Wunder. In seiner Wirkung erinnert "The Green Night" an die Filme von Andrej Tarkowski, die diese singuläre Kinoqualität besitzen: Sie sprechen zu uns, ohne dass man sie verstehen muss. (125 Min.)

In diesen Kinos läuft der Film.

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