"Goliath96": Im Online-Sumpf

18.4.2019, 08:00 Uhr

© Little Dream Entertainment

Vereinsamung und Rückzug aus der realen, der analogen Welt könnten in Zukunft zu einem Problem werden, vor allem für Menschen mit Kontaktschwierigkeiten, mit psychischen oder körperlichen Problemen.

"Goliath96" schildert einen besonders extremen Fall: Die alleinerziehende Kristin (Katja Riemann) bekommt ihren 21-jährigen Sohn David (Nils Rovira-Munoz) seit zwei Jahren kaum noch zu Gesicht. Er hat sich hinter seinem Computer im Zimmer verschanzt, verlässt es nur noch, wenn die Mutter nicht da ist oder schläft. Professionelle Hilfe will sich Kristin nicht holen aus Angst, dass der Sohn in die Psychiatrie eingewiesen wird. Ihrem Umfeld erzählt sie, dass er im Ausland studiert. Der Vater hat die Familie vor Jahren verlassen, die Bankerin Kristin hat nun auch noch ihren Job verloren.

Als sie entdeckt, dass David unter dem Pseudonym "Goliath96" in einem Internetforum für Drachensport aktiv ist, hat sie eine Idee: Unter "Cinderella97" gibt sie sich als junge Studentin aus, die sich ebenfalls fürs Drachenbauen begeistert. So hofft sie, wieder Kontakt zu ihrem im Online-Sumpf versinkenden Sohn zu finden. David verliebt sich schließlich abgöttisch in seine Chatpartnerin. Als er immer stärker darauf drängt, sich persönlich zu treffen, scheint es keine andere Möglichkeit zu geben, als dass Kristin ihre Lügen gesteht. Oder gibt es doch noch eine andere Option?

Aus dem im Kern interessanten Stoff hat Langfilm-Debütant Marcus Richardt leider nur eine seichte Kolportage gemacht. Auch das könnte ja seinen Reiz haben, wenn der Film nicht über weite Strecken reichlich langweilig geraten wäre. Katja Riemann agiert immerhin recht überzeugend, im Gesamten bleiben die Figuren – insbesondere die Davids – aber blass. Die Inszenierung wirkt sehr mittelmäßig, was durch den banalen Soundtrack noch unterstrichen wird. Bisweilen wird sogar die Grenze zur unfreiwilligen Komik überschritten.

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