Generalmusikdirektorin geht

Kommentar: Der Abschied von Joana Mallwitz ist ein herber Verlust für Nürnberg

28.7.2021, 18:01 Uhr
Publikumsliebling Joana Mallwitz beim Klassik Open Air 2019.

© G?nter Distler, NNZ Publikumsliebling Joana Mallwitz beim Klassik Open Air 2019.

Schade. Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz wird Nürnberg verlassen. Der 35-Jährigen gelang es, in den vergangenen drei Jahren die Klassik-Fans geradezu in Euphorie zu versetzen: Ausverkaufte Konzerte, nicht enden wollender Applaus und glückliche Menschen waren die Folge. Sie war Dirigentin des Jahres in Deutschland, und Nürnberg erhielt plötzlich im klassischen Kulturbereich bundesweit Aufmerksamkeit, was in dieser Intensität lange nicht mehr der Fall war.


"Kulturelle Abwärtsspirale"


Selbst München blickte bisweilen neidisch nach Nürnberg. Mallwitz ist eine glänzende Dirigentin, die ihre Philharmoniker mit Akribie, Charme und Begeisterung zu neuen Höhen führt. Darüber hinaus fehlte ihr jegliche elitäre Attitüde. Wer Mallwitz einmal bei der temperamentvollen Einführung eines Stückes vor dem Konzert erlebt hat, für den öffnete sich eine menschlich-musikalische Dimension, die er oder sie nicht so schnell vergessen wird.

Keine Musik für Insider

Das war keine Klassik-Musik für Insider, sondern eine für alle Menschen, auch wenn nur wenige das Privileg hatten, das Konzert zu hören. Es war ein Gesamtkunstwerk, das keine Aufnahme vermitteln kann. Dass die Generalmusikdirektorin die Laufzeit ihres Vertrags verlängert, wurde zwar erhofft, doch schien es angesichts des Scheiterns der Konzerthauspläne wenig wahrscheinlich. Als die gebürtige Hildesheimerin nach Nürnberg kam, war der geplante Konzertsaal mit einer hochwertigen Akustik planerisch schon ziemlich weit gediehen und eine Realisierung wahrscheinlich.

Konzerthauspläne scheitern

Doch nach dem Scheitern der Kulturhauptstadt-Pläne und dem Einbruch bei den Steuereinnahmen verabschiedete sich die Stadt von den Konzerthausplänen: Die Sanierung des Altbestands mit dem Opernhaus ging vor. Beides kann sich Nürnberg finanziell nicht mehr leisten. Für Mallwitz sicher eine große Enttäuschung. Verdenken kann man es ihr nicht, dass sie geht. Völlig zurecht warnt sie vor einer "Abwärtsspirale". Die Idee für eine Konzerthalle, die internationalen Ansprüchen genügt, entstand vor einigen Jahren bei der Suche nach einer Interimsspielstätte für die Oper, die in den nächsten Jahren grundlegend saniert werden muss. Es sollte kein Geld für ein Provisorium ausgegeben werden, sondern eben nachhaltig in eine Konzerthalle investiert werden. Hier wurde zwar richtig, aber für Nürnberg zu groß gedacht.

Suche nach dem Interim

Der Weggang von Mallwitz macht noch einmal deutlich, wie wichtig eine qualitativ gute Interimsspielstätte für die Nürnberger Kultur ist, wenn das Opernhaus saniert wird. Ein Konzertbetrieb kann zwar für einige Zeit an ungewöhnlichen Orten aufrecht erhalten, doch nicht auf zehn Jahre, so lange sollen die Sanierung und der Ausbau des Opernhauses tatsächlich dauern. Das Staatstheater hat sehr gute Leute und diese brauchen eine Perspektive. Wir sind wieder in der Vor-Mallwitz-Zeit.

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