Locomotive – ein hypnotischer Film-Trip

14.4.2021, 09:25 Uhr
Locomotive – ein hypnotischer Film-Trip

© Christoph Girardet und Matthias Müller

Christoph Girardet und Matthias Müller haben sich bei ihrer Arbeit von dem ursächlichen Zusammenhang von Kino und Eisenbahn inspirieren lassen: Das allererste Werk der Filmgeschichte, ein 55 Sekunden langer Streifen der Gebrüder Lumière aus dem Jahr 1895, zeigt die Einfahrt eines Zuges in den Bahnhof der südfranzösischen Stadt La Ciotat. Auch die deutschen Filmpioniere Max und Emil Skladanowsky bannen ein Jahr später die Zugeinfahrt in den Bahnhof Berlin-Schönholz auf Zelluloid. Seitdem ist die Eisenbahn unzählige Male durch alle Genres hindurch zum Filmmotiv geworden. Giradet und Müller haben in ihrer Arbeit Eisenbahn-Szenen aus Hunderten von Spielfilmen zusammengetragen und neu kompiliert. Dabei dekonstruiert das Künstler- Duo typische Situationen mit Zügen und Gleisen, Bahnstationen und reisenden Menschen und setzt sie in seinem Drei-Kanal- Video zu einem filmischen Tryptichon neu zusammen. In drei nebeneinander laufenden und sich zugleich kunstvoll umspielenden Filmen werden die Betrachtenden auf einen packenden Trip durch dunkle Tunnel und endlos erscheinende Gleisfelder, über schnappende Weichen und schwindelerregend hohe Brücken mitgenommen. Reisende verschiedener Epochen, von der Stummfilm- Ära bis in die Gegenwart, schauen sehnsuchtsvoll aus dem Zugfenster, stehen erwartungsvoll oder verzweifelt am Bahnsteig, irren durch nächtliche Schlafwagengänge oder stürzen sogar aus dem fahrenden Zug. Die parallel montierten Szenen appellieren an das eigene Erleben von Eisenbahnreisen und schaffen durch die Kombination der Bilder völlig neue Assoziationen. Der Soundtrack von Dirk Schaefer unterstreicht die Stimmung und Dynamik des Video- Werks, so dass ein hypnotischer Bahn-Trip durch die Filmgeschichte entsteht, der auch nach dem Ende des Films noch wirkt. Wie ein Kritiker zutreffend schrieb: „Die Hypnose geht weiter. Wir wachen nicht auf.“ https://dbmuseum.de

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