Sensibler Umgang mit Pop bei Begräbnissen

25.10.2012, 00:00 Uhr
Sensibler Umgang mit Pop bei Begräbnissen

© Sony

Herr Bubmann, was passiert genau in diesen drei Tagen in Erlangen?

Peter Bubmann:
Der Kongress in Erlangen ist der größte, den es bislang zum Thema „Reformation und Musik“ gab. Das Besondere: Wir haben diesmal tatsächlich fast alle dabei, die sich in Deutschland auf evangelischer Seite akademisch mit dem Thema Kirchenmusik beschäftigen. Da treffen Kirchenmusiker auf Theologen und Wissenschaftler, es sind aber auch Komponisten wie Enjott Schneider dabei, der den Soundtrack zu dem Film „Schlafes Bruder“ gemacht hat und heute Professor für Filmkomposition an der Musikhochschule in München ist.

Das Treffen ist aber eine rein evangelische Veranstaltung ...

Bubmann:
Wir haben katholische Gäste, aber es ist in der Tat in erster Linie ein evangelisch organisierter Kongress, der auch von den Themen her eher protestantisch ausgerichtet ist. Sachlich gibt es da heute jedoch kaum noch Differenzen, und auch die Probleme sind in beiden Kirchen die selben. Thema eines Workshops ist zum Beispiel „Musik auf dem Friedhof“, also bei Beerdigungen. Das beschäftigt evangelische wie katholische Kirchenmusiker gleichermaßen. Denn da kommen heute die Leute und bringen ihre Musikwünsche mit, zum Beispiel das Lieblingslied des Verstorbenen. Wenn das aber nun Pop-Titel sind, die so gar keinen geistlichen Charakter haben, dann muss man damit ja irgendwie sensibel umgehen. Das sind Fragestellungen, die uns auf dem Kongress beschäftigen.

Sensibler Umgang mit Pop bei Begräbnissen

© privat

Ob „Internationale Orgelwoche“ (ION), die „Kirchenmusiktage der katholischen Stadtkirche“ oder jetzt Ihr Kongress – Franken ist offenbar ein gutes Pflaster für Kirchenmusik.

Bubmann:
Ja, das ist sicher so. Gerade auf evangelischer Seite liegt das einfach daran, dass Nürnberg eine evangelische Stadt ist mit großen Kirchen, die schon immer gut mit Kirchenmusikern ausgestattet waren. Der Protestantismus hat aber grundsätzlich eine große Nähe zur Musik. Wo er stark ist, da findet sich auch immer viel Kirchenmusik, ob das nun in Mitteldeutschland ist, in Hamburg oder eben bei uns.

Trotzdem ist seit Jahren regelmäßig zu lesen, dass auch in der evangelischen Kirche die Gelder für Kirchenmusik zusammengestrichen werden.

Bubmann:
Das kommt immer darauf an, wen Sie fragen. Wenn jemand hervorragend ausgestattet war und dann ein bisschen abgeben muss, dann wird sofort gejammert, dass alles zusammengestrichen wird. Schauen Sie sich mal die Kirchenmusik im Weltmaßstab an, da sind wir die reichste Kirche auf der Erde, weil wir so viele hauptamtliche Stellen haben! Es ist richtig, dass die Kirchenleitungen mit Blick auf die demographische Entwicklung verantwortlich mit den finanziellen Ressourcen umgehen müssen, und da wird abgewogen, was man sich noch leisten kann. Aber ich finde, da kann man unserer Landeskirche in Bayern keinen großen Vorwurf machen. Die Verantwortlichen haben immer versucht, die Kirchenmusik möglichst pfleglich zu behandeln, weil sie schon genau wissen, was sie an ihr haben.

Was ist die Alternative zu hauptamtlichen Kirchenmusikern, die Live-Musik in Gotteshäusern garantieren?

Bubmann
(lacht): Nicht das, was Sie jetzt nahe legen: Die Konserve. Es gibt für mich nur die Möglichkeit, live zu musizieren. Jedoch ist die Vorstellung, dass überall dort, wo Kirchenmusik gemacht wird, ein Hauptamtlicher sitzen muss, völlig abwegig und schon jetzt nicht mehr zu halten. Mit den Laien haben wir hingegen ein riesiges Potenzial, das zum Teil noch ungenutzt ist. Dieses Potenzial muss man wieder stärker aktivieren. Wir könnten viel mehr C- und D-Kirchenmusiker ausbilden. Als ich noch Professor an der Evangelischen Fachhochschule in Nürnberg war, habe ich zum Beispiel mitinitiiert, dass dort eine D-Prüfung – das ist die kleinste nebenamtliche Kirchenmusikprüfung – für Studenten der Religionspädagogik und Sozialpädagogik angeboten wurde. Das wurde auch gut angenommen.

Was macht einen guten Kirchenmusiker aus?

Bubmann:
Dass er oder sie sich einerseits von der Musik begeistern lässt, und zwar stilübergreifend, und dass er oder sie zum anderen von der Botschaft der Kirche überzeugt ist und sich mit seinen Gaben gerne in den Dienst der Kommunikation des Evangeliums stellt. Ansonsten ist dieser Beruf im Grunde genauso breit aufgestellt wie ein Pfarramt auch. Was meinen Sie, was Menschen beim Mitsingen in Chören an Tröstlichem und Mutmachendem erleben? Da hat der Kantor im Grunde eine seelsorgerische Funktion. Wenn er ihnen die Werke erklärt, ist er Pädagoge. Und dann ist er wieder Evangelist und Verkündiger, wenn er mit seinen Aufführungen in eine säkulare Stadtgesellschaft hineinmusiziert. Gesellig, kommunikativ, beziehungsfähig, motivierend und belastbar soll er auch noch sein. Beziehungsunfähige Menschen, die sich hinter einer Orgel vergraben möchten, sind daher in der Regel keine geeigneten Kirchenmusiker.

www.kongress2012.bubmann.de
 

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