Gemeinsam feiern gegen Vorurteile

7.7.2014, 06:00 Uhr
Gemeinsam feiern gegen Vorurteile

© Hans-Joachim Winckler

Herr Giang, anlässlich des Stadt- und Brauereifestes hat der Integrationsbeirat einen großen Auftritt. Das Motto lautet „Integration und Inklusion durch Prävention“. Verlässt der Integrationsbeirat damit sein ursprüngliches Aufgabenfeld, Bürger mit Migrationshintergrund zu unterstützen?

Hieu Giang: Nein, ganz und gar nicht. Aber wir sehen unsere Aufgabe in einem größeren Zusammenhang, nämlich als Nahtstelle zwischen den Behörden und einer multikulturellen Bevölkerung. Menschen mit Migrationshintergrund haben oft Bedenken oder Ängste, wenn sie Kontakt zu einer Behörde haben, sei es die Polizei oder eine Verwaltung. Das sind für sie typisch deutsche Institutionen, gelegentlich haben sie davon ein Negativbild.

Auf dem ZIM-Parkplatz werden Polizei und Kripo, Feuerwehr und Rotes Kreuz, Stadt Zirndorf und das Landratsamt vertreten sein. Erwarten Sie, dass sich möglichst viele Bürger mit Migrationshintergrund dort informieren?

Giang: Willkommen sind uns natürlich alle. Ich persönlich hoffe, dass viele junge Leute aus Familien mit Migrationshintergrund kommen. Dort herrscht nämlich nicht selten die Meinung vor: Die Feuerwehr ist was für die Deutschen, die wollen uns da nicht. Die Stadtverwaltung, da habe ich keine Chance, einen Beruf zu lernen, die wollen nur die Deutschen – alles Vorurteile. Deshalb werden die jeweiligen Institutionen auch präsentieren, welche Möglichkeiten für Praktika oder Ausbildung es bei ihnen gibt. Nahezu alle haben einen Ansprechpartner vor Ort.

Es geht aber nicht nur um Ausbildung . . .

Giang: Nein. Es gibt außerdem Tipps zum Schutz vor Einbrüchen, zum Verhalten bei Notfällen, zum Thema Sicherheit im Straßenverkehr. Behörden klären über
ihre Zuständigkeitsbereiche auf. Gerade Letzteres soll auch die Angst vor Gängen zum Amt nehmen. Und es gibt jede Menge Unterhaltung: Fans der Countryszene oder der asiatischen Kampfkunst werden auf ihre Kosten kommen. Aktuell zur WM erwarten wir Sambatänzerinnen.

Und was haben Sie mit Inklusion zu tun?

Giang: Wir möchten, dass sich alle Menschen miteinander wohlfühlen, auch Menschen mit einem Handicap. Auch das sehen wir als unsere erweiterte Aufgabe an, darauf aufmerksam zu machen. Wir werden daher auf dem ZIM einen Rollstuhlparcours anbieten, bei dem Nicht-Behinderte ausprobieren können, wie schwer das Rollstuhlfahren im Alltag ist.

Wie haben Sie so viele Institutionen ins Boot geholt?

Giang: Ich bin auf sehr große Unterstützung gestoßen, sowohl in Zirndorf bei Bürgermeister Zwingel als auch im Landratsamt bei Landrat Dießl. Aber auch die Awo mit Frank Bauer oder die örtliche Raiffeisenbank und die Stadtwerke unterstützen unsere Anliegen. Mit dabei sind auch die Kripo Fürth und die örtliche Polizeiinspektion.

Klingt perfekt integriert. Doch Vorurteile, kulturelle Missverständnisse, Rassismus sind immer noch Themen in unserer Gesellschaft. Mit welchen werden Sie vom Integrationsbeirat konfrontiert?

Giang: Ich bin als Sechsjähriger mit meiner Familie aus Vietnam nach Deutschland gekommen und habe sicherlich nicht immer gute Erfahrungen gemacht. Das gilt auch für meine Mitstreiter, deren Heimatländer Ungarn, die Ukraine, Russland, Pakistan, die Türkei oder die USA sind. Wir alle wissen, wie es ist, in einem Land zu leben, dessen Sprache man nicht spricht, das eine völlig andere Kultur hat. Auch heute ärgere ich mich noch über so manche Spießbürger.

Das müssen Sie erklären.

Giang: Das sind Menschen, die für nichts Neues offen sind. Das fängt beim Kulinarischen an und endet bei Menschen anderer Kulturen.

Zirndorf beherbergt bekanntlich die ZAE – die Aufnahmestelle für Asylsuchende. Ist das ein Thema für den Integrationsbeirat?

Giang: Nur am Rande, denn wir sind eine rein kommunale Institution und die ZAE ist eine Bundeseinrichtung. Mit einer Betreuung der Menschen, die dort leben, wären wir als Ehrenamtliche, die fast alle voll berufstätig sind, auch überfordert. Das wäre uferlos. Aber natürlich gibt es Zirndorfer, die alle Menschen ausländischer Herkunft in einen Topf werfen.

Durch Ihre Teilnahme an den vielen Zirndorfer Festen ist der Integrationsbeirat schon gut bekannt. Was haben Sie außerdem für Pläne?

Giang: Gerne möchten wir einen Sprachkurs anbieten und zwar auf niederschwelligem Niveau, einfach, um sich im Alltag verständigen zu können. Hier haben wir Kontakte mit dem Kreativzentrum Zirndorf geknüpft. Eine Zusammenarbeit können wir uns auch für einen Kochkurs vorstellen, den wir anbieten möchten, mit Gerichten aus unseren jeweiligen Herkunftsländern.

Und das nächste Fest steht auch schon auf dem Programm . . .

Giang: Ja. Im Herbst kooperieren wir mit dem Deutschen Schäferhundeverein. Geplant ist ein Countryfest, denn schließlich ist unser stellvertretender Vorsitzender John Savee Amerikaner und hat beste Kontakte zur Countryszene. Wir erwarten echte Stars.

Weit über Zirndorf hinaus bekannt war das alljährliche Fest des Integrationsbeirates. Wird es eine Neuauflage geben?

Giang: Dieses Jahr waren wir noch zu neu und unerfahren, um das Fest zu organisieren. Unsere Teilnahme am Stadt-und Brauereifest ist dafür ein Ersatz. Grundsätzlich planen wir aber schon, die Feier wieder zu veranstalten, wenn auch mit etwas anderen Akzenten.

Das Zirndorfer Stadt- und Brauereifest findet ab dem 25. Juli statt. In diesem Rahmen präsentiert sich der Integrationsbeirat am Sonntag, 27. Juli, von 13 bis 18 Uhr auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums ZIM.

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