Große Fußball-Umfrage: Paragraf 93 oder die Alternativlösung?

13.5.2021, 17:13 Uhr
Große Fußball-Umfrage: Paragraf 93 oder die Alternativlösung?

© Foto: Uwe Mühling

Zwei Varianten stehen zur Auswahl: Plan A ist der Vollzug des Paragrafen 93 der Spielordnung, der vorigen Sommer eigens für den Fall eines Saisonabbruchs eingeführt worden war. Demzufolge wird die Tabelle anhand des Quotienten berechnet (Zahl der Punkte geteilt durch die absolvierten Spiele). Die daraus resultierenden Meister – in den meisten Fällen sind es die aktuellen Tabellenführer – steigen auf. Die auf den jeweiligen Abstiegsplätzen geführten Teams müssen runter. Die Relegation entfällt.

Plan B und damit die Alternativlösung lautet "Nur Aufsteiger, keine Absteiger". Hier würden alle Teams, die aufgrund des Quotienten auf einem Aufstiegs- oder Relegationsplatz stehen, nach oben klettern. Der Abstieg würde hingegen nicht vollzogen und niemand müsste runter. Dadurch würde die Zahl der Mannschaften in vielen Spielklassen steigen.

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Wie sehen die Vereinsvertreter aus dem Jura Süden die ganze Situation? Wir haben uns bei einigen betroffenen Teams beziehungsweise deren Trainern umgehört. Fangen wir mal in der Kreisliga West an. Hier steht der FC/DJK Weißenburg abgeschlagen am Tabellenende und müsste sportlich gesehen absteigen. "Wir haben uns grundsätzlich mit dem Paragrafen 93 abgefunden", sagt FC/DJK-Trainer Philipp Naß. Er ist zugleich Spartenleiter und Vorstand des Vereins, der noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat.

"Einerseits würden wir natürlich profitieren, wenn es keine Absteiger gibt", sagt Naß. Er fragt sich andererseits aber, ob es Sinn macht, die Ligen für die kommende Saison so "aufzublähen" – zumal man aufgrund von Corona auch keine neue Spielzeit ohne weitere Zwischenfälle erwarten könne. Die Tendenz geht beim FC/DJK in Richtung Plan A, so Naß, der zusammen mit seinem Team bislang auch klar für die Kreisklasse geplant hat.

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Wäre der Spielbetrieb nochmals aufgenommen worden, dann hätte die DJK Stopfenheim in der Kreisliga West durchaus noch Chancen im Rennen um Platz zwei gehabt. "Allerdings nur theoretisch", sagt DJK-Coach Tobias Weickmann, "und wir hatten auch gar nicht das Ziel aufzusteigen." Auch in Stopfenheim geht die Tendenz dazu, den Paragrafen 93 anzuwenden. In der Kreisliga West sei die Sache ohnehin recht klar mit einem enteilten Tabellenführer (Unterreichenbach) und zwei Teams (FC/DJK und Kammerstein), die klar hinten stehen.

Verständnis für Unmut

"Es gibt auch Ligen, in denen es deutlich enger zugeht. Da kann ich den Unmut schon verstehen", sagt Weickmann weiter, und deshalb vermutet er auch, dass es eine Mehrheit für die Alternativlösung ohne Absteiger geben wird. Im Hinblick auf die kommende Saison hält er es allerdings für "schwierig", wenn es nur Aufsteiger und keine Absteiger gibt. Aus seiner Sicht ist das Ganze "nicht einfach zu entscheiden". Und, so Weickmann: "Generell kann man es nicht allen recht machen."

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Wie in Stopfenheim so sieht man auch in Oberhochstatt der Abstimmung relativ gelassen entgegen, denn: "Für uns führt der Weg so oder so in die Kreisliga", stellt SSV-Trainer Lothar Satzinger treffend fest. Unabhängig von der BFV-Umfrage werden die Niederhofenener als Tabellenführer der Kreisklasse West aufsteigen – sowohl nach Punkten als auch nach Quotient. Satzinger plädiert dafür, den Paragrafen 93 jetzt auch tatsächlich anzuwenden, denn just für den aktuellen Präzedenzfall des Saisonabbruchs habe man ihn ja auch geschaffen.

Jetzt im Nachgang zu sagen, dass es keine Absteiger geben soll, findet Satzinger nicht richtig. "Das Problem wird damit letztlich nur verlagert, wenn wir dann in den Folgejahren einen verschärften Abstieg haben."

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Dem Trainer des ESV Treuchtlingen, Zafer Demir, ist klar, dass die Mehrheit der Vereine nicht von Auf- und Abstieg betroffen ist. Seine Mannschaft hingegen schon. Sie hat im Abstiegskampf der KK-West den gleichen Quotienten wie Obererlbach, hat den zweimaligen direkten Vergleich aber knapp verloren und müsste folglich in die A-Klasse absteigen.

Aber das ist für Demir nicht mal der springende Punkt. Vielmehr findet er, dass die Quotientenregelung etlichen Teams im Auf- und Abstiegskampf "nicht gerecht" wird. Der ESV etwa sei in der Rückrunde deutlich stärker aufgetreten – ein Trend, der aber jäh gestoppt wurde.

Utz Löffler (FC Nagelberg).

Utz Löffler (FC Nagelberg). © Foto: Uwe Mühling

Der Trainer des FC Nagelberg, Utz Löffler, könnte sich zurücklehnen und sagen egal: Seine Mannschaft ist als Tabellenführer der A-Klasse Süd ohnehin in die Kreisklasse aufgestiegen. Er plädiert auch für Lösung A, würde allerdings eine Härtefall-Regelung hinzufügen.

Gerade in der A-Süd wäre sie aus Löfflers Sicht sinnvoll und angebracht: Nagelberg und die TSG Pappenheim sind punktgleich und haben exakt den gleichen Quotienten. So entscheidet der direkte Vergleich und damit ein knappes 1:0 für den FCN. Das Rückspiel wird nicht mehr stattfinden, folglich hat die TSG auch keine Chance mehr, den direkten Vergleich zu drehen.

Flexibilität vom Verband gefordert

Für solche Fälle hätte sich der Nagelberger Coach Flexibilität vom Verband erwartet und es wäre aus seiner Sicht auch gerechter. Generell alle aufsteigen zu lassen, die auf Relegationsplätzen stehen und gleichzeitig keine Absteiger zu haben, hält Utz Löffler hingegen für keine gute Lösung, denn: "Das bläht die Ligen auf, sorgt in Zukunft für einen verschärften Abstieg und holt uns somit wieder ein."

Michael Thomas (TSG Pappenheim).

Michael Thomas (TSG Pappenheim). © Foto: TSG Pappenheim

Für eine Härtefall-Regelung macht sich auch Michael Thomas, der Trainer der TSG Pappenheim, stark. Der Saisonabbruch ist aus seiner Sicht natürlich nicht mehr zu vermeiden, er und die TSG sind allerdings nicht mit dem Paragrafen 93 einverstanden. "Es ist bitter für uns, wenn wir keine Möglichkeit mehr bekommen, den direkten Vergleich für uns zu entscheiden."

Wäre es umgekehrt, würden auch die Pappenheimer dafür plädieren, dass der FC Nagelberg mit nach oben darf. Die TSG wird logischerweise für die Alternative stimmen, "auch wenn ich glaube, dass die Abstimmung gegen uns laufen wird", wie Michael Thomas sagt.

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Spielertrainer Michael Lämmermann vom SC Stirn macht keinen Hehl daraus, "dass wir für die Alternativlösung stimmen werden – ganz einfach weil es uns betrifft". Als Tabellenzweiter der A-Klasse West sind die Stirner nah dran am Spitzenreiter FC Frickenfelden, allerdings reicht der Quotient nicht und Stirn würde leer ausgehen. Und das "erneut kurz vor der Zielgeraden", wie Lämmermann hinzufügt und an 2019 erinnert, als der SCS als Vizemeister in der Relegation an einem personell gut verstärkten SC 04 Schwabach II scheiterte.

Nur Aufsteiger, keine Absteiger – das hält der Stirner Coach für die beste Lösung, glaubt aber nicht, dass sie durchgeht. Vielmehr geht er davon aus, dass der Großteil der Vereine für Plan A stimmen wird, weil die meisten den verschärften Abstieg fürchten. Hier kritisiert er übrigens auch den BFV, der versuche den Vereinen die von ihm bevorzugte Lösung "aufzuzwängen".

"Wir nehmen es, wie es kommt"

So oder so: "Wir nehmen es, wie es kommt", unterstreicht Michael Lämmermann. Für die neue Saison wird es aus seiner Sicht "spannend, wo die Reise hingeht". Und er spricht wohl allen Kickern aus der Seele, wenn er sagt: "Der Fußball fehlt an allen Ecken und Enden – vor allem an den Wochenenden."

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