Heftiger Gegenwind: Leuzenberger gegen Windkraftanlage

16.10.2013, 20:44 Uhr
Die geplanten Windkraftanlagen stoßen auf heftigen "Gegenwind".

Die geplanten Windkraftanlagen stoßen auf heftigen "Gegenwind".

Die Gemeinde Reichenschwand möchte auf der Hochfläche im Norden ihres Gebiets Strom erzeugen. Laut einem Gutachten reicht der Wind dafür aus. Auf dem fraglichen Gelände läuft deshalb noch bis zum kommenden Frühjahr eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung. Sie gibt Aufschluss, was dort an seltenen Tieren und Pflanzen kreucht und fleucht. Ohne die Ergebnisse der Artenuntersuchung sind alle Planspiele über Art, Anzahl und vor allem Größe von Windkraftanlagen reine Spekulation.

Gespräch gesucht

Reichenschwands Rathauschef Bruno Schmidt hat dennoch frühzeitig das Gespräch mit seinen Bürgern gesucht, alle Haushalte per Flyer informiert und eigene Versammlungen zu dem Thema veranstaltet. Die nach eigenen Angaben etwa 40 Mitglieder der Bürgerinitiative Gegenwind Hansgörgl/Glatzenstein sind mit dem bisherigen Vorgehen nicht einverstanden. "Die Windräder sind erdrückend. Wir Leuzenberger sind als Anwohner vorrangig betroffen, Reichenschwand ist 2,5 Kilometer weit weg", argumentieren Hannelore Plicht und Horst Keppner. Sie fordern eine eigene Zusammenkunft mit Bruno Schmidt in ihrem Ort.

Mittlerweile fand zwar ein Treffen zwischen Hannelore Plicht und dem Gemeindeoberhaupt statt. Zu einer Annäherung ist es aber nicht gekommen. Eher das Gegenteil war der Fall. "Wir sehen unsere Interessen von unserem Bürgermeister vollständig ignoriert", heißt es in einer Pressemitteilung von Gegenwind an die HZ. Mittlerweile ist die Atmosphäre zwischen den Beteiligten ziemlich vergiftet.

Ein Beispiel: Etliche Leuzenberger erhoben Einsprüche gegen die für die Windenergieanlagen notwendige Änderung des Flächennutzungsplanes - und ärgerten sich, dass Bruno Schmidt nicht reagiert hat. Zuständig für die Umschreibung des Flächennutzungsplanes ist allerdings der Gemeinderat. Der wird das Thema (voraussichtlich im Dezember) behandeln und dann auch die Einsprüche diskutieren.Die Bürgerinitiative listet die üblichen Argumente gegen Errichtung und Betrieb der Windräder auf: Die vorgesehene Fläche liegt in einem Landschaftsschutzgebiet mit seltenen "Bewohnern" und einem Hutanger, das Landschaftsbild wird stark beeinträchtigt, die Attraktivität des Wandergebietes würde auf Null gesenkt, die Leuzenberger müssten unter Infraschall und Lärm leiden, die Hochebene soll als Ruheraum erhalten bleiben.

Gesetzliche Vorgaben erfüllt

Bruno Schmidt kann da allenfalls den Kopf schütteln. Die gesetzlichen Vorgaben werden erfüllt, der Hutanger ist nicht betroffen, sagte er. Aus anderen Tourismusregionen weiß er, dass selbst naturliebende Ausflügler die dortigen Windkraftanlagen als Baustein der Energiewende akzeptieren. Hannelore Plicht und Horst Keppner sagen, dass am Hansgörgl drei Windräder vom Typ Enercon E82 mit Rotorspitzen in bis zu 200 Metern Höhe konkret geplant seien. Harald Kiesl vom Hersbrucker Energieversorger Hewa kann sich solche Gerüchte nicht erklären. In einer Reichenschwander Bürgerversammlung hat er erläutert, dass höchstens drei Anlagen mit jeweils drei Megawatt Leistung "denkbar" sind - Einzelheiten zu Typ und Ausmaßen nannten weder er noch Bruno Schmidt.

Ein Problem beim Bau sind die Reichenschwander Bahnunterführungen. Die teils riesigen Einzelteile der Windräder passen nicht durch. Deshalb wird die Erschließung teils aus der Luft per Hubschrauber erfolgen, sagt Harald Kiesl. Fachleute müssen klären, was technisch machbar ist und ob sich das Projekt für die Investoren dann überhaupt noch rechnet. Nächste Schritte der Bürgerinitiative Gegenwind sind nun eine Infobroschüre für Nachbardörfer wie etwa Oberkrumbach und der Aufbau einer Internetseite. Ziel ist die Gewinnung von weiteren Mitstreitern.

Mit Gericht gedroht

Hannelore Plicht und ihr Ehemann zogen extra aus Nürnberg nach Leuzenberg, weil sie die Ruhe in dem Sackgassen-Ort schätzen. "Wir wollen alle zur Verfügung stehenden Mittel wahrnehmen, um die geplanten Anlagen zu verhindern", so werden die beiden Lärmflüchter notfalls den Gerichtsweg beschreiten. Die ganze Streitigkeit kann sich aber auch ohne Zutun der Beteiligten in Schall und Rauch auflösen - und zwar durch Ministerpräsident Horst Seehofer. Der hat sich im Bundesrat dafür ausgesprochen, dass neue Windräder mindestens das zehnfache ihrer Höhe von den nächsten Wohnhäusern entfernt sein sollen.

Am Hansgörgl wäre dann nur eine rund 60 statt 200 Meter hohe "Mühle" erlaubt, was sich wahrscheinlich nicht rentiert. Bekanntlich wird derzeit als weiterer Standort für Windkraftanlagen die Hochebene bei Großviehberg oberhalb von Hersbruck untersucht. Wie in Reichenschwand ist derzeit offen, ob irgendwelche Vorhaben verwirklicht werden dürfen. Zu Art, Größe und Anzahl gibt es ebenfalls keine Entwürfe, geschweige denn sind Schritte zur Finanzierung der millionenschweren Investition eingeleitet. Trotzdem formiert sich im Hersbrucker Stadtgebiet eine weitere Bürgerinitiative "Gegenwind".

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