In Langenzenn entsteht eine Wolke aus Metall

22.1.2016, 06:00 Uhr
In Langenzenn entsteht eine Wolke aus Metall

© Foto: Walter Grzesiek

Wie schaut die „Cloud“ aus, die Wolke des Internets, dieser Safe der Daten? Das war die erste Frage, die sich die Künstlerin Michaela Biet stellte, die lange ihre Werkstatt im Landkreis Fürth hatte und jetzt in Nürnberg-Schniegling ihre Kreativität auslebt. Ihr 1:10-Modell aus einem lichthärtenden Kunststoff zeigt eine Wolke mit vielen Bögen und Löchern, aus denen, so die Konnotation, das Wissen für die Studenten strömt. Aber wie wird daraus eine Alu-Skulptur von 3,50 Metern Durchmesser – so wie sie derzeit in der Langenzenner Werkstatt entsteht?

Mit riesigen Findlingen, Natursteinen, Salzstein oder Wachs hat Biet, die auch in den Programmen verschiedener Volkshochschulen in Stadt und Landkreis Fürth Kurse anbietet, schon oft gearbeitet. Und dabei glänzende Objekte für Innenräume gestaltet, aber auch wuchtige, aus dem Felsen gesprengte Werke wie die Brunnen in Zirndorf und Oberasbach oder steinerne Monumente vor Kliniken in Fürth und Nürnberg — und vor allem ihre vielfältig gestalteten Findlinge, die es bis nach Hamburg und Österreich schafften.

Neuland Alu und Stahl

Hammer, Meißel und Flex kann die zierliche Künstlerin mit den starken Händen selbst bedienen. Alu und Stahl dagegen sind Neuland. Und daher hat sie schon die Ausführung einer Skulptur auf dem Feuchter Marktplatz den beiden Meistern für Metallgestaltung überlassen.

Der Fürther Uwe Weber und der Unterfranke Roland Hermann arbeiten bereits 25 Jahre miteinander in einer Werkstatt und sind stolz darauf, für ihre Kunden Unikate herzustellen — vom Friedhofsschmuck über die Kirchenrenovierung bis zum modernen Gartentor. Die Zusammenarbeit mit Künstlern aus der Region — unter anderem Hubertus Hess oder Meide Büdel — ist dann aber die wahre Herausforderung der Wahl-Langenzenner.

Bei der Cloud hat sich Weber zunächst überlegt, sein Ausgangsmaterial, Alu-Platten von zwei mal einem Meter, in gleichschenklige Dreiecke zu schneiden. Das Dreieck, das weiß man vom Orangenschälen, ist als Teil einer runden Sache die beste Ausgangsform. Um dann die von der Künstlerin gewünschten Dellen und Bögen zu formen, haben die Schmiede Spezialwerkzeuge aus Hartholz geschaffen, mit denen sich das Aluminium „treiben“ lässt. Kräftige Muskeln, Ohrenschützer und mitunter auch der Schweißbrenner gehören zur Grundausstattung. Denn wird das Alu zu lange bearbeitet, muss man es zwischendurch wieder auf 400 Grad erhitzen, damit es stabil bleibt. Wird das Metall dabei überhitzt, bricht es. Kein Job für Hobbybastler.

Ein zentimetergenaues Raster am Boden und exakt vermessene Stäbe nach oben sichern, dass nach und nach aus den verformten Dreiecken die große Wolke entsteht. Stück für Stück wird sie zusammengeschweißt. Am Schluss will Michaela Biet die Löcher einzeichnen, die die Offenheit des Datenflows symbolisieren: Das studentische Wissen kann rein- und rausfließen an den Isarauen.

Zwei Monate klopft, schweißt und poliert Weber schon an der Wolke. Auch die neun Meter hohen und zehn Zentimeter dicken Stützen aus Edelstahl muss er zusammenbauen. Zwei Statiker haben die Sicherheit der freistehenden Konstruktion geprüft. Bis zum Frühsommer soll das Werk in München stehen. Die Handwerker und die Künstlerin hirnen anhand von Lageplänen bereits, wie der Schwertransport am einfachsten ans Ziel gelangen könnte.

Ermöglicht hat das Werk der Langenzenner Handwerker und der Nürnberger Künstlerin die Amberger Bau- firma Grammer, die am hehren Anspruch festhält, dass zum Bau auch Kunst gehört. Vier Künstler wurden zum Wettbewerb eingeladen, bei Biets Idee mit der Wolke schlug für die Jury der Blitz ein. Schön, wenn ein Privater noch zur Kunst am Bau steht. Das ist keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, da in Nürnberg die Architektur-Studenten vom Freistaat in einer fantasielosen Schuhschachtel mit Sehschlitzen versteckt werden – ohne Kunst am Bau.

Michaela Biet bietet über die Programme der Volkshochschulen Fürth, Oberasbach, Veitsbronn und Stein regelmäßig in ihrem Nürnberger Atelier Wochenend-Workshops im Fach Steinbildhauerei an.

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