Kinderschal am Tatort: Familienvater als Sextäter

17.12.2010, 08:51 Uhr

Der Fall hielt Nürnberg und die Region in Atem: Ein gefährlicher Sextäter vergewaltigte zwei Frauen, eine dritte spähte er vor seiner Verhaftung noch aus. Der Mann lauerte seinen Opfern vor der Haustüre auf, vermummt mit einer Sturmhaube, überfiel sie, zerrte sie in beiden Fällen in die eigene Wohnung und verging sich dort an ihnen. Beim zweiten Mal ging der Täter schon brutaler vor.

Das erste Mal schlug er im April 2004 zu, das zweite Mal im April 2008. Die Polizei sicherte an den Tatorten in den Stadtteilen Gibitzenhof und Zabo jeweils DNA-Spuren. Doch blieb die Fahndung ohne Erfolg. Die Polizei trat die Flucht in die Öffentlichkeit an: Im August vergangenen Jahres wurde der Fall in der Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ behandelt. Doch auch diese letzte Möglichkeit und der am Tatort zurückgelassene Kinderschal mit Bärenmotiv brachte kein Licht ins Dunkel.

Zwei gestohlene Wagen führten schließlich auf die Spur zum Täter. Lothar Z. (Name geändert) geriet unter Verdacht, die Autoschlüssel dazu geklaut zu haben. Der 41-Jährige arbeitete in einer Fürther Disco als Kellner und hatte Zugang zur Garderobe. Laut seinem Anwalt Nils Junge verdächtigten ihn bestohlene Gäste. Gegenüber der Polizei räumte Z. ein, die Schlüssel genommen zu haben.

DNA stimmte überein

Nachdem der Disco-Mitarbeiter im Rahmen der Ermittlungen eine Speichelprobe abgegeben hatte, wurde klar: Seine DNA stimmte mit der an den Tatorten gefundenen überein. Am 23. Juni 2010 wurde er festgenommen, seitdem sitzt er in U-Haft. Den beiden Opfern hat er inzwischen je 10000 Euro Entschädigung bezahlt. Im Gerichtssaal versucht der Zirndorfer, sein Gesicht hinter einem Aktenordner vor den blitzenden Kameras zu verbergen. Schüchtern wirkt er, fast zerbrechlich. Als ihn Richter Günther Heydner nach seinen Beruf fragt, antwortet er mit einer ungewöhnlich hohen Stimme: „Energieanlagen-Elektroniker.“

Lothar Z. hat vor seiner Festnahme ein Doppelleben geführt. Er ist Vater eines Kindes, seine Lebensgefährtin erwartet derzeit weiteren Nachwuchs. Der 41-Jährige kümmerte sich um seine Familie. Der Inhalt der Anklageschrift, die die Staatsanwältin vorliest, die brutalen, triebgesteuerten Details, stehen im krassen Gegensatz zum Bild des treuen Familienvaters.

Z. ist geständig. Sein Anwalt Nils Junge geht von einer Haftstrafe im zweistelligen Bereich aus — ohne Sicherungsverwahrung. Wie nahe das zweite Opfer dem Tod war, wird das Gericht zu einem späteren Termin mit einem Sachverständigen erörtern — denn Lothar Z. klebte Mund und Nase bei seinem zweiten Opfer zu und fesselte es.

 

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